Meinung Das Setting ist komplett, jetzt geht’s an die Arbeit

Die Frage war nicht, ob die Kabinettsklausur harmonisch verlaufen würde. Die Frage war vielmehr, ob das Treffen von Meseberg über die sehr niedrigen Erwartungen hinaus irgendein Zeichen setzen würde.

Foto: k r o h n f o t o . d e

So etwas wie einen gemeinsamen Schwur, einen Geist von Meseberg vielleicht. Die Antwort ist: Nein.

Der kühle und schwierige Beginn des Kabinetts Merkel IV muss noch kein Zeichen für sein späteres Scheitern sein, kann es aber. Die Kräfte, die die neue Groko zu einem Erfolg führen wollen, sind schwächer als früher. Und die zentrifugalen Faktoren stärker. Die bevorstehende Bayern-Wahl ist ein solcher Faktor. Sie hat schon jetzt Innenminister Horst Seehofer und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt dazu verführt, eine spaltende Islamdebatte vom Zaun zu brechen. Die Misere der SPD ist ebenfalls zu nennen. Sie bringt Andrea Nahles wie andere aus der Parteiführung dazu, das Bündnis ständig aus der Distanz heraus zu fordern, statt es zu fördern. Bei der CDU ist es die anschwellende Nachfolgedebatte um Angela Merkel.

Physikalisch und also mit der gelernten Physikerin Merkel gesprochen, ist dieses Kabinett eher zu jenen Elementen zu rechnen, die leicht zerfallen. Es wäre schlecht gewesen, wenn man Meseberg unter diesen Vorbedingungen gleich zur ersten Entscheidungsschlacht um zentrale Vorhaben gemacht hätte, sei es um den Familiennachzug oder den Diesel. Die schwarz-gelbe Koalition mit Guido Westerwelle hatte 2009 den Weg beschritten, wichtige Fragen erst auf solchen „Gipfeltreffen“ zu klären; das endete mit dem gegenseitigen Vorwurf der Gurkentruppe.

Die Kanzlerin hat in Meseberg versucht, erst einmal die Arbeitsfähigkeit herzustellen und das Kennenlernen zu fördern. Eine pure Selbstverständlichkeit. Und sie hat darüber hinaus versucht, mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und EU-Kommissar Jean-Claude Juncker als Gästen den Blick auf wichtigere Aufgaben zu lenken. Zu hoffen ist, dass davon etwas im Regierungsalltag hängen bleibt, jedenfalls für ein paar Monate. Europa und die Welt interessieren die internen deutschen Debatten nur bedingt. Europa und die Welt haben massive Probleme. Und Deutschland ist ein sehr reiches, bedeutendes Land. Es kann in diesen Zeiten keine Nabelschau betreiben. Die große Koalition muss vielmehr zwischen Profilierung und Verantwortung einen Weg finden, der das Land voranbringt. Das „Setting“ dafür ist jetzt komplett. An die Arbeit.