Meinung Jens Spahn macht keinen Dampf, sondern heiße Luft

Zu den vielen Fragen, die trotz eines 175-seitigen Koalitionsvertrags in der neuen Bundesregierung völlig offen sind, gehört diese: Gibt es ein Thema, nur irgendeins, zu dem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) keine Meinung hat, die er der Welt nicht auch sofort mitteilen müsste?

Foto: Schwartz, Anna (as)

Oder vielleicht mal eine, die sich nicht hauptsächlich durch vollmundige Ahnungslosigkeit auszeichnete? Und eventuell sogar in seinen eigenen Geschäftsbereich fiele?

Wahrscheinlich ist das nicht. Erstens, weil das etwas durchsichtige Hauptinteresse des Hoffnungsträgers der Konservativen in der CDU vor allem „Jens Spahn“ heißt, und weil ihm zweitens die Zeit davon läuft. Gelingt es Spahn nicht innerhalb der ersten 100 Tage (23 sind seit seiner Vereidigung schon herum), sich eine thematische Profilierungs-Rüstung gegen CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet zuzulegen, kann er die Monate zählen, bis die Bundeskanzlerin ihm (wie so vielen Rebellen vor ihm) das Vertrauen ausspricht. Oder eine SMS schickt.

Weil Jens Spahn aber nun einmal bloß Jens Spahn ist, er also bisher weder bewiesen hätte, dass er etwas anderes als immer nur „Jens Spahn“ wirklich könnte, noch er den Verdacht rechtfertigen würde, auch nur annähernd über das Geschick seines heimlichen österreichischen Rechtsruck-Vorbilds Sebastian Kurz zu verfügen, macht er damit in der Merkel-CDU niemandem Dampf. Jens Spahn produziert lediglich heiße Luft. Das ist schade, denn eigentlich sähe man Angela Merkel ganz gern mal ins Schwitzen kommen.

Als Regierungsmitglied die staatliche Durchsetzung von Recht und Ordnung anzuzweifeln, löst jedoch keine Debatte, sondern lediglich Zweifel an der Kabinettseignung aus. Spahns jüngstes Gerede über die angeblichen Zustände in „Arbeitervierteln“ in Essen und Duisburg flog ihm nicht nur dort um die Ohren (Duisburgs SPD-OB Sören Link: „Unverschämtheit“). Laut dem neusten Deutschlandtrend von Infratest Dimap hält nur ein Viertel der Bundesbürger Spahn für eine gute Wahl; selbst unter Unionsanhängern sind es nur 36 Prozent.

Das erklärt, warum das Merkel-Lager sich (noch) mit Kritik an Spahn zurückhält und einfach abwartet, bis er sich in den zahlreichen Baustellen seines Gesundheitsressorts verstolpert. Das könnte angesichts seines Tempos recht flott gehen.