Meinung Der Bund muss Kommunen endlich entschulden
Meinung | Düsseldorf · Seit Jahr und Tag fordern die Oberbürgermeister und Stadtkämmerer einen Schuldenschnitt. Das Geld dafür ist da.
Seit Jahr und Tag fordern die Oberbürgermeister und Stadtkämmerer von Städten wie Wuppertal, Dortmund, Oberhausen, Mönchengladbach, Pirmasens, Cuxhaven und Worms von der Bundesregierung einen Schuldenschnitt. Städte und Landkreise in NRW, im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Mecklenburg-Vorpommern leben im Minus. Jeden Monat, jedes Jahr überziehen sie ihre Konten. Die Summe der auch dadurch entstandenen Schulden belief sich nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung im vergangenen Jahr bundesweit auf 50 Milliarden Euro.
Hauptursachen sind einerseits nicht abgeschlossene Strukturwandel und andererseits, dass Bund und Länder Städten und Gemeinden Aufgaben übertragen, ohne das Geld für deren Bezahlung vollständig mitzuliefern. Das gilt für die Hilfe zum Lebensunterhalt für Hartz-IV-Empfänger ebenso wie für die Kosten der Unterkunft von Flüchtlingen und für den Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende. Bund und Länder beschließen, Städte und Gemeinden bezahlen.
Deshalb haben Städte und Landkreise in den vergangenen Jahren keine andere Möglichkeit gehabt, als ihre Konten zu überziehen. So steht beispielsweise Wuppertal bei Banken kurzfristig derzeit mit 1,3 Milliarden Euro in der Kreide. Hinzu kommen langfristige Verbindlichkeiten für Investitionen in Höhe von 700 Millionen Euro. Während die Stadtkämmerei diese Schulden relativ gefahrlos verwalten kann, sind die Überziehungskredite ein Pulverfass. Sobald die Zeit des billigen Geldes endet, ist es auch mit der Liquidität der verschuldeten Städte vorbei. Dann werden die Lebensverhältnisse innerhalb Deutschlands noch ungleicher. Schon heute gibt es in der Infrastruktur zwischen Kommunen etwa in Baden-Württemberg und NRW himmelweite Unterschiede, kostet Kinderbetreuung hier viel und dort gar nichts. Mit jedem Zehntel Prozentpunkt steigender Zinsen wird die Kluft größer werden.
Deshalb ist die Forderung des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung die einzig richtige: Die Armen Städte brauchen einen Schuldenschnitt, sie müssen von ihren Finanzierungskosten entlastet und in den Stand versetzt werden, Schulen, Kindergärten und Straßen in einer Weise anzubieten, dass sie im Wettbewerb um Familien, Firmen und Fachkräfte konkurrieren können. Das Geld dafür ist da. Statt den Steuerüberschuss in eine homöopathische Senkung des Arbeitslosen-Versicherungsbeitrages zu stecken, wäre der Schuldenschnitt die lohnendere Investition - auch wenn davon nur wenige Kommunen in den reichen Bundesländern profitieren würden.
Wenn Großstädte wie Essen, Oberhausen, Duisburg und Wuppertal endgültig in die Knie gehen, leidet ganz NRW. Und wenn NRW leidet, dann geht das auch an Bayern, Baden-Württemberg und Hessen nicht spurlos vorüber.