Meinung Der Fall Tönnies - Dann richten andere

Meinung · Nach Einordnung der DFB-Ethikkommission hat sich Clemens Tönnies rassistisch geäußert. Dem DFB-Gremium versicherte er glaubhaft, kein Rassist zu sein. Ein Verfahren und Urteil wird es daher nicht geben.

Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies äußerte sich rassistisch, ist aber nicht rassistisch.

Foto: dpa/Ina Fassbender

Der Vorgang an sich ist ja schon befremdlich: Obwohl Clemens Tönnies als Aufsichtsratschef des Fußball-Erstligisten FC Schalke 04 sich nach Einordnung der DFB-Ethikkommission rassistisch geäußert hat, wird es Verfahren und Urteil nicht geben. Warum? Tönnies habe dem Gremium glaubhaft versichert, kein Rassist zu sein.

Wie es dann aber in einer vorbereiteten Rede vor Unternehmern zu einer solch abstrusen Herleitung kommen kann, die Menschen nach Rassen beurteilt und ihnen grundsätzlich kollektive Instinkte zuschreibt, müssen jetzt die Compliance-Expertin Birgit Galley, die Rechtsexpertin Anja Martin, der Unternehmer Bernd Knobloch und der Vorsitzende der DFB-Ethikkommission, Nikolaus Schneider als ehemaliger Präses der evangelischen Kirche im Rheinland erklären. Sie hatten zu urteilen über den Fleisch-Unternehmer.

Ein Kommentar von Olaf Kupfer.

Foto: ja/Sergej Lepke

Letztlich kommt Tönnies offenbar auch Schneiders kirchlicher Glaubensansatz von einer berechtigten zweiten Chance bei Reue zugute. Warum Tönnies, der laut mit Putin sympathisiert („Ich bin kein Weltpolitiker. Aber wir freuen uns, wenn wir uns sehen“), mit geschlachteten Schweinen ein Vermögen verdient und sich bis heute nicht öffentlich etwa bei Betroffenen aus seinem Umfeld entschuldigt hat, derartig davon kommt, hat seinen Grund: In der Fußballbranche beißt eine Krähe der anderen kein Auge aus.

Kommt der Eingriff von außen wie in diesem Fall mit dem Aufschrei der Gesellschaft, steht die Kartellmauer. Bei wem jedoch jene Empörung noch über die meist normale Erkaltung nach zwei Tagen erwärmter Temperatur anhält, der darf auf die Fußballfans hoffen: Die Rote Karte für Tönnies aus dem Schalker Fanblock wird nicht das letzte Signal gewesen sein. Klar muss sein: Niemand will Tönnies fertigmachen. Viele wollen eben nur nicht mehr, dass er Aufsichtstrat eines Vereins ist, der sich qua Satzung und mit Stolz gegen Rassismus wendet.