Deutsche Wirtschaft ruiniert ihren Ruf
Anklage gegen den Ex-Porsche-Chef ist ein Beispiel von vielen.
Die Nachricht über die Anklage gegen den einstigen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und seinen Ex-Finanzvorstand reiht sich ein in eine lange Serie von Negativmeldungen aus den Chefetagen der deutschen Wirtschaft.
Dabei dürfte eine gerichtliche Aufarbeitung des gescheiterten Versuchs vor allem voyeuristische Bedürfnisse der Öffentlichkeit befriedigen: Wie lief das damals ab, als der David Porsche sich den Goliath VW einverleiben wollte? Es geht um den Vorwurf „informationsgestützter Marktmanipulation“.
Die Opfer einer noch nachzuweisenden Straftat wären also Menschen gewesen, die im Rahmen des Übernahmekampfes gern ihren Schnitt am Aktienmarkt gemacht hätten. Ein solcher Prozess ist zweifellos wichtig für die Hygiene am Kapitalmarkt. Doch das Potenzial, auch den Normalbürger aufzuschrecken, haben Fehler in den Wirtschafts-Chefetagen vor allem dann, wenn sie ihn selbst direkt betreffen.
Sei es durch tausende wegfallende Stellen wie bei der Schlecker-Pleite und bei Opel. Oder durch eine Kostenexplosion bei der Bahn (Stuttgart 21) und dadurch bedrohte weitere Verkehrsprojekte. Andere Meldungen über fehlerhaftes Verhalten scheinen den Bürger, soweit er nicht selbst in dem entsprechenden Unternehmen tätig ist, zwar nicht direkt zu betreffen. Sie haben aber durchaus das Potenzial, Vertrauen in die Wirtschaft zu erschüttern.
Da sind die Negativschlagzeilen aus dem Hause Thyssen-Krupp: Milliardenverluste, Vorwürfe von Korruptions- und Kartellrechtsverstößen. Oder das schwere Wetter, durch das die Deutsche Bank wegen dubioser Finanzgeschäfte geht. Und deren Chef auch noch einen drauflegt, indem er sich beim Ministerpräsidenten über staatsanwaltliche Ermittlungen beschwert.
Vorstandschefs sind es gewohnt, auf Hauptversammlungen ihre Unternehmenskultur zu preisen. Die Lage und die geleistete Arbeit in Zahlen abzubilden. Bilanzmathematische Zauberei, die den Aktionär glauben lassen soll: So und nicht anders ist es. Nicht eingearbeitet in dieses Zahlenwerk ist ein gewichtiger Posten, für den die Bilanz keine Rubrik bereithält, der aber gleichwohl den Unternehmenswert maßgeblich prägt — Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Und deren begriffliche Gegenstücke.