Meinung DFB verspielt sein Ansehen

Peinlich und schäbig — anders kann man das, was sich nach dem WM-Aus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft nun beim DFB abspielt, nicht nennen. Wenn Teammanager Oliver Bierhoff, aber vor allem DFB-Präsident Reinhard Grindel zur Aufarbeitung des Vorrunden-Aus nichts anderes einfällt, als Mesut Özil die Schuld in die Schuhe zu schieben, dann muss beim DFB eine ganz andere Personaldebatte geführt werden.

Foto: Sergej Lepke

Sieben Wochen (!) nach dem durchaus diskussionswürdigen Foto von Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Erdogan fordert der DFB-Boss plötzlich ultimativ eine Erklärung von Özil als Voraussetzung für die Fortsetzung seiner Karriere in der National-Elf. Der DFB hätte eine solche Erklärung fordern können — und zwar genau einen Tag, nachdem das Foto erschienen ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Forderung Grindels nur noch ein erbärmlicher Versuch, einen Spieler zum Sündenbock für das Versagen des gesamten Teams und des DFB zu machen. Sie zeigt, dass diesem Führungspersonal Haltung und Anstand fehlt, um mit einer Niederlage in Würde umzugehen.

Ja, das Foto mag ein Fehler gewesen sein. Doch bis vor Kurzem wurde Mesut Özil als Musterbeispiel gelungener Integration gefeiert — vom DFB und von der Bundesregierung. Jetzt wird er seit Wochen aufs Schärfste und bisweilen hasserfüllt angefeindet. Dem DFB fällt erst nichts dazu ein und jetzt gießen Bierhoff und Grindel Öl ins Feuer, anstatt einem Spieler Rückendeckung zu geben, der lange eine tragende Säule des Teams war.

Dass diese Affäre so entgleisen konnte, hat aber auch mit der aufgeheizten Stimmung im Land zu tun. Die politischen Eliten haben in den vergangenen Wochen den Weg dafür bereitet.