Meinung Die Debatte „Mit oder ohne Assad“ ist überflüssig
Regime-Change, also ein von außen unterstützter Machtwechsel, ist gerade wahrlich nicht das Thema in Syrien. Sondern das Ende des Sterbens, der Zerstörung, der Flüchtlingsströme. Auch deshalb ist die in Deutschland geradezu lustvoll betriebene Debatte „Mit oder ohne Assad“ ziemlich überflüssig.
Und der Satz von Außenminister Heiko Maas (SPD), dass Assad nicht Teil der Lösung sein könne, weil er Chemiewaffen gegen das eigene Volk eingesetzt habe, wenig zielführend.
Vor fünf Jahren wäre es für den Westen noch eine realistische Option gewesen, die Opposition in Syrien mit Waffen zu unterstützen, um Assad wegzubekommen. Doch damals hat man sich nicht getraut, und dieses Fenster der Gelegenheiten hat sich geschlossen. Außerdem spielen in der Opposition jetzt Islamisten eine zentrale Rolle, die niemand gestärkt sehen will. Nun muss man die Realitäten anerkennen: Assad ist an der Macht, und er wackelt nicht mehr. Zwei der vier involvierten internationalen Mächte, nämlich Iran und Russland, stützen ihn und lehnen es strikt ab, dass ein Machtwechsel, ob kurz- oder mittelfristig, zu den Vorbedingungen für Gespräche gehören soll. Ohne diese Mächte aber geht nichts.
Außerdem haben Assads Truppen im Krieg derzeit die Oberhand. Auch dieser Fakt lässt sich kaum wegreden. Dass der Mann viele Massaker zu verantworten hat, ist wahr, aber im Augenblick zweitrangig. Es geht darum, überhaupt einen Verhandlungsprozess in Gang zu bringen, der erst zu einem Waffenstillstand, dann zu humanitärer Hilfe und schließlich zu einem politischen Befriedungsprozess führt.
Ohne Assad, seine Armee, die Machtclique um ihn herum und seine Volksgruppe der Alewiten, die sich vor den Islamisten fürchten, wird da nichts gehen. Es ist das Wesen der Außenpolitik, auch mit schmierigen Gestalten verhandeln zu müssen. Sonst wäre sie „Weltinnenpolitik“ unter Demokraten. Die jüngste Sprachregelung der Bundesregierung lautet, dass es eine langfristige friedliche Perspektive für Syrien nur ohne Assad gebe, es jetzt aber um eine Übergangslösung gehe. Das ist Wortklauberei. Was langfristig in Syrien geschieht, haben viele in der Hand. Assad und Putin am meisten. Berlin am wenigsten.