Die FDP auf dem Weg zur Regionalpartei
Das Ende der Liberalen als bundespolitische Größe
Der Mehrheit der Sachsen ist es 25 Jahre nach dem Mauerfall offenbar nicht mehr so wichtig, das Volk zu sein und in freier Wahl darüber zu entscheiden, von wem es regiert wird; Hauptsache, es ist die CDU mit buchstäblich irgendwem als Partner — solange es sich dabei nicht um die FDP handelt.
Ein Jahr nach ihrem Debakel bei der Bundestagswahl ist die Freie Demokratische Partei aus dem letzten Landtag geflogen, in dem sie noch Koalitionspartner in einer Regierung war. Daraus darf man unter Anrechnung aller Ausreden (das Wetter, kaum Wahlkampf, Ferienwochenende etc.) ohne Übertreibung schließen: Christian Lindner ist als FDP-Bundesvorsitzender mit dem Projekt „Wiederaufstieg“ gescheitert.
Die FDP wird weiter mit dem desaströsen Bild identifiziert, das sie zum Ende der schwarz-gelben Koalition in Berlin abgab. Wenn Lindner nun außer diesem eindeutigen Misserfolg auch noch Pech hat, dann markiert der verpasste Wiedereinzug in den sächsischen Landtag nicht nur das Ende der FDP als Regierungspartei. Viel wahrscheinlicher ist, dass die FDP auch bei den nächsten Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg aus den Parlamenten fliegt.
Wenn es so kommt, wäre die Partei demnächst nur noch in sechs Landesparlamenten vertreten. Und von diesen Bundesländern liegt keines mehr im Osten des Landes. Eine solche von Lindner geführte FDP wäre also bloß eine westdeutsche Regionalpartei, die bundespolitisch vorerst keine Rolle spielt. Der Plan des 35-jährigen Wuppertalers, NRW zum Kernland einer neuen Bundes-FDP zu machen, könnte sich in das Debakel verkehren, außerhalb des nordrhein-westfälischen Reservates nicht mehr wahrgenommen zu werden.
Vielleicht sollte Lindner doch noch einmal über den Vorschlag seiner Düsseldorfer Stellvertreterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nachdenken, die Partei umzubenennen. Schon bevor die Pleite von Sachsen gestern Abend ausgezählt war, kündigten frühere FDP-Politiker in Hamburg die Gründung einer neuen Partei an und beklagten, die christlich-liberalen Koalitionen hätten „geradezu zu einer Perversion des Liberalismus“ geführt. Die FDP steht vor ihrer nächsten Zerreißprobe.