Meinung Die Saat des Hasses
Schlimmste Erinnerungen werden wach. An die Messerattacke gegen den einstigen SPD-Kanzlerkandidaten Oskar Lafontaine. An das Attentat auf den ehemaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Der Anschlag gegen die Kölner OB-Kandidatin Henriette Reker ist zweifellos ein neuer, trauriger Höhepunkt in der jüngeren Geschichte abgrundtiefen Hasses gegen Politiker.
Mag der Täter auch als geistig umnachtet erscheinen, so ist er doch so „klar“ im Kopf, um fremdenfeindliche Motive für die Tat ins Feld zu führen. Seine Schuldfähigkeit steht außer Frage. Reker, Sozialsenatorin und parteilos, kümmert sich in Köln um die Unterbringung der Flüchtlinge.
Viele Menschen haben zweifellos Angst vor den Flüchtlingsströmen. Doch wirklich angst und bange kann einem werden vor der wachsenden Radikalisierung jener Bevölkerungsteile, die diese Entwicklung nicht mehr nur mit hasserfüllten Anfeindungen zurückdrehen wollen, sondern mit Angriffen auf Leib und Leben. Bei den Demonstrationen der ausländerfeindlichen Pegida-Bewegung wurde kürzlich eine Galgen-Attrappe für Bundeskanzlerin Merkel und Vizekanzler Gabriel mitgeführt. Mit dieser Art von Brandstiftung ebnet man Tätern wie jetzt in Köln den Weg, sinken die Hemmschwellen für fremdenfeindliche Untaten.
Auch heute will Pegida in Dresden aufmarschieren. Gefeiert werden soll das einjährige Bestehen der Bewegung. Doch es gibt nichts zu feiern. Schon gar nicht nach dem Schreckenswochenende von Köln. Dort ist die Saat des Hasses auf bedrückende Weise aufgegangen. Wer hier mitläuft, der macht sich mitschuldig, wenn es zu weiteren Gewaltausbrüchen kommt — gegen Politiker und Flüchtlinge.