im Angesicht der Panik Die Tests sind richtig, aber die Entscheidung fällt zu spät
Aus den Fehlern der Vergangenheit wird die Politik in dieser Pandemie kaum mehr lernen. Die Tests sind zwar richtig, aber hätten schon früher kommen müssen.
Eine Testpflicht für alle nach dem Sommerurlaub kann nicht falsch sein, wenn die Bedrohung es hergibt und die einheitliche Lösung Erfolg verspricht. Sie konnte auch schon vor den Ferien nicht falsch sein – eigentlich wäre sie seinerzeit noch viel richtiger gewesen –, aber aus den Fehlern der Vergangenheit wird die Politik in dieser Pandemie kaum mehr lernen – auch das ist eine Lehre. Was hat diesen Schritt zuvor verhindert? Dass schärferes Urlaubs-Testen im Angesicht der Varianten einen Sinn hat, ergibt sich schon daraus, dass Menschen zu schützen sind, die sich wegen noch fehlenden Impfstoffs oder einer fehlenden Impfempfehlung nicht oder nur eingeschränkt selbst schützen können: das sind vor allem Kinder.
Trotz aller Tests muss sich das Pandemie-Denken verändern: Dass es jetzt zu einer hitzigen Lösung kommt, nachdem man vorher im Schlafwagen durch die Ferien gefahren ist, ist politischer Panik zu verdanken und erklärbar: Es droht ein bundesweiter Schulstart, an dem bei erhöhter Inzidenz einzelne infizierte Kinder wieder ganze Klassen in Quarantäne mitreißen, wenn es nicht endlich realistischere Regeln für solche Fälle geben wird. Und die Politik dann also wieder nicht verhindert hätte, was sie zuletzt nie gemacht, aber immer versprochen hat: Kinder zu schützen und Präsenzunterricht zu garantieren. Das Szenario: Wenn die Eltern sich in der Kneipe vergnügen können, die Kinder aber in Quarantäne abhängen müssen, wird das ein ungemütlicher Herbst mit Bundestagswahl für jene, die das jetzt im Amt verantworten müssen. Deshalb ist die politische Bereitschaft derzeit auch gering, den Inzidenzbegriff neu zu hinterlegen: Wenn Alarm künftig erst mit volllaufenden Intensivstationen beginnen soll, ist Kitas und Schulen und deren Vollbetrieb wieder nicht geholfen.
Es scheint, als könne der Ausstieg aus diesem Teufelskreis kaum mehr gelingen. Die über Monate oft auch selbst erzeugte Hysterie verhindert offensichtlich, realistischere Lösungen in Zukunft für akzeptabel zu halten. Und Akzeptanz braucht die Politik. Mindestens bis zum 26. September.