Bundestagswahl Die nächsten Wochen werden entscheidend sein
Meinung · Die Pandemie wird vor der Bundestagswahl nicht bewältigt sein, die Impfkampagne ist in den letzten Wochen ins Stocken geraten. Wie können neue Anreize geschaffen werden?
Nicht nur bis zur nächsten Wahl zu denken, ist eine leider oft vernachlässigte Tugend in der Politik. Jetzt hat Helge Braun (CDU), Kanzleramtschef im Kabinett von Angela Merkel, über den Tag der Bundestagswahl am 26. September hinausgedacht. Denn die Hoffnung, dass der schöne Plan aufgeht und die Pandemie bis zur Wahl aufgrund der Impfkampagne weitgehend bewältigt sein werde, rückt in immer weitere Ferne. Zu groß scheint die Gruppe der Menschen, die das Impfangebot lieber doch nicht annehmen. Was tun, wenn alle Anreize nicht fruchten? Wenn nicht nur, wie bereits jetzt, die Infektionszahlen steigen, sondern auch die Zahl der schwer Erkrankten und Verstorbenen? Wenn eine womöglich noch ansteckendere Variante des Virus auftaucht?
Es kann kein Fehler sein, sich rechtzeitig mit möglichen Szenarien zu beschäftigen und vorsorglich über Maßnahmen nachzudenken, die einen erneuten Lockdown und Schulschließungen verhindern. „Geimpfte werden definitiv mehr Freiheiten haben als Ungeimpfte“, sagte Braun. Das wäre noch keineswegs gleichbedeutend mit einer Impfpflicht, die die Politik bisher kategorisch ausgeschlossen hat. Allerdings hat der CDU-Politiker erstmals angedeutet, dass Ungeimpften trotz eines negativen Testergebnisses der Zutritt zu Theatern, Restaurants oder Stadien verwehrt werden könnte. Damit hat Braun nicht nur seinen CDU-Parteifreund Armin Laschet verärgert, der vor der Wahl nicht so gerne unangenehme Debatten führen möchte, sondern auch Verwirrung gestiftet.
Bisher galten die Schnelltests zwar nicht als hundertprozentig, aber doch als hinreichend sicher, um Getesteten private Kontakte und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Die Braun’sche Kehrtwende klingt nach Drohkulisse, um das impfmüde Volk doch noch zur Vernunft zu bringen. Richtig ist aber, dass die Debatte über die weitere Corona-Politik jetzt geführt werden muss und damit nicht bis nach der Bundestagswahl gewartet werden kann, wie es Kanzlerkandidat Laschet offenbar gerne hätte.