Meinung Erst Sonne, nun Schatten - Dreyer und die SPD
Malu Dreyer hat sich noch einmal retten können, die Mehrheit ihrer Ampel-Koalition in Rheinland-Pfalz hat bei der Abstimmung über den Misstrauensantrag der CDU-Opposition gehalten. Doch die Affäre um den Flughafen Hahn ist nicht ausgestanden.
Schon jetzt ist der Fall zudem ein Menetekel für die ganze SPD, weit über Mainz hinaus. Denn Dreyer war im März die Sonne, die mit ihrem Sieg die deftigen Niederlagen bei den anderen Landtagswahlen überstrahlte. Nicht nur, dass die Partei nun eine Heldin weniger hat - nun wird auch das Schattenreich in seinem ganzen Ausmaß sichtbar: Wo die SPD nicht den Ministerpräsidenten stellt, ist sie faktisch marginalisiert, mit Ergebnissen teilweise bei zehn Prozent. Und wo sie ihn stellt, immerhin noch neun Länder, wackelt ihre Macht gewaltig.
Und zwar nicht nur in Rheinland-Pfalz. Vor der nächsten Bundestagswahl finden noch in fünf Ländern Landtagswahlen statt, in vier davon regiert die SPD. Fast die Hälfte ihrer regionalen Hoffnungsträger steht also zur Abstimmung. Und es sieht nicht gut aus. Nicht in Mecklenburg-Vorpommern, wo die CDU vorne liegt und sogar die AfD die SPD überholen könnte. Nicht in Berlin, wo der neue Regierende Bürgermeister Michael Müller mit Großflughafen, Verwaltungschaos und Hausbesetzerkonflikten gerade seinen guten Ruf verliert, noch ehe er ihn richtig hat. Ihm hilft derzeit nur, dass die CDU noch schlechter da steht. Womöglich werden im September die Grünen die stärkste Kraft in der Hauptstadt, wie schon in Baden-Württemberg. Und in Nordrhein-Westfalen ist der Stern von Hannelore Kraft im Sinken. Ihre rot-grüne Regierung hätte dort jedenfalls derzeit keine Mehrheit mehr.
Die CDU ist eine Dame ohne Unterleib - im Bund Merkel, in den Ländern aber kaum noch Macht. Bei der SPD ist es genau andersherum. Oben fehlt der Kopf. Oben hat Sigmar Gabriel die Bewährungszeit, die ihm Malu Dreyer mit ihrem Triumph im März gegeben hat, kläglich vertan. Unten, in den Ländern, hat es bisher jedoch noch leidlich funktioniert. Aber der Eindruck von Unprofessionalität gepaart mit einer gewissen Betulichkeit und gleichzeitiger parteipolitischer Selbstbezogenheit, der sich in Rheinland-Pfalz durch die Affären Nürburgring und Hahn allmählich verfestigt, könnte leicht ausstrahlen. Denn er beschreibt auch die SPD in anderen Regionen ganz gut. Wenn bis zur Bundestagswahl nur Schleswig-Holstein als Bastion gerettet würde, wäre es für die SPD eine Katastrophe. Ein Olaf Scholz ist dann doch ein bisschen wenig.