Familienförderung: Mit Geld allein ist es nicht getan
Die Familienförderung wird plötzlich zum Wahlkampfthema.
Die Regierung hält angeblich eine Studie, die ihre Familienpolitik abstraft, bewusst bis nach dem Wahltermin im September zurück. Wenn das stimmt, wäre es ein Skandal.
Alles Unsinn, sagt das Familienministerium. Es gebe noch nicht einmal einen Zwischenbericht, die Gutachter hätten ihre Arbeit nicht abgeschlossen. Wenn das wiederum stimmt, wäre es sinnvoll, nicht über Unausgegorenes zu diskutieren.
Doch wie die Wahrheit auch aussieht: Es sind wichtige Informationen aus dem eigentlich vertraulichen Expertengremium nach draußen gedrungen. Deshalb ist die Diskussion nicht zu stoppen. Und die Bundesregierung mit der zuständigen Ministerin Kristina Schröder ist gut beraten, sich der Debatte zu stellen.
Jetzt zu mauern, wäre unfair und sogar ungeschickt, weil sie kampflos die Deutungshoheit anderen überließe. Die vermeintlich viel zu teure, uneffektive und falsch eingesetzte Förderung von Familien hat das Potenzial, zu einem Schlüsselthema im Wahlkampf zu werden.
Wahrscheinlich wird sich die Regierung auch aus einem anderen Grund nicht mehr lange gegen die Debatte wehren. Denn die Kritik der Fachleute soll sich nicht ausschließlich mit der aktuellen Politik befassen. Von einer Generalabrechnung über die vergangenen 60 Jahre ist die Rede. Und da gab es sehr unterschiedliche Machtverhältnisse.
Wenn bereits vor der Wahl Bewegung in die Familienpolitik kommt, kann das nur gut sein. Denn die gesellschaftlichen Verhältnisse haben sich in Zeiten von immer mehr Patchwork-Familien oder Alleinerziehenden gewandelt. Die Politik muss bald überlegen, ob und wie sie darauf reagiert. Und wenn es in Deutschland — wie behauptet — tatsächlich mehr als 160 unterschiedliche Förderungen für Familien gibt, dann könnte ein wenig Entrümpeln nicht schaden.
Das Motto muss lauten: Neuordnung ja, Schnellschüsse nein. Denn zum Beispiel hat auch das aktuell kritisierte Ehegattensplitting gesamtgesellschaftliche Vorteile. Sogar für das schwer vermittelbare Betreuungsgeld lassen sich Argumente finden.
Gelegentlich klingt die Debatte so, als könne man eine hohe Geburtenrate erkaufen. Doch zu einer familien- und kinderfreundlichen Gesellschaft gehört mehr als Geld allein.