Freispruch für Fitschen, Ohrfeige für Staatsanwälte
Die Vorwürfe der Münchner Staatsanwaltschaft waren schwerwiegend. Vier ehemalige und ein amtierender Vorstand der Deutschen Bank sollten so etwas wie eine kriminelle Vereinigung gebildet haben. Laut Anklage wurde an der Spitze des Geldhauses systematisch gelogen und betrogen.
Damit wollten die Manager angeblich vermeiden, dass die Deutsche Bank Schadenersatz für die Pleite des Medienunternehmers Leo Kirch zahlen muss. Nach einem Jahr Prozess fällt der Vorsitzende Richter Peter Noll ein für die Staatsanwaltschaft vernichtendes Urteil: Es habe keinen einzigen Beweis dafür gegeben, dass sich Jürgen Fitschen und die anderen Angeklagten im Sinne der Anklage schuldig gemacht hätten. Für die Banker ist das ein Freispruch erster Klasse.
Angesichts des üppigen Aufwandes drängt sich die Frage auf, ob ein Verfahren in dieser Länge gerechtfertigt war. Beobachter konnten schon nach einigen Monaten erkennen, dass sich die Vorwürfe nicht erhärten lassen. Das hielt die Staatsanwaltschaft aber nicht davon ab, an ihrer harten Linie gegen die Deutschbanker festzuhalten. Mehr als 40 Beweisanträge kamen auf den Tisch. Vorige Woche versuchten die Ankläger in einem letzten, fast schon verzweifelten Versuch, einen Durchsuchungsbeschluss gegen die Bank zu erwirken. Der Antrag der Staatsanwaltschaft lasse jede Auseinandersetzung mit der Beweisaufnahme vermissen, sagte Richter Noll. Diese habe ergeben, „dass die Anklage nicht stimmt“. Schallender kann eine Ohrfeige kaum sein.
Vor allem Rolf-Ernst Breuer und Josef Ackermann, die einst Vorstandssprecher des größten deutschen Geldhauses waren, werden den Freispruch mit großer Genugtuung aufgenommen haben. Es sind in erster Linie ihre Namen, die sich mit dem beispiellosen Niedergang der Bank verbinden. Das Institut hat etliche Strafen in Milliardenhöhe zahlen müssen, unter anderem wegen Zinsmanipulationen. Der Ruf ist ziemlich ruiniert. 2007 kostete eine Aktie des Geldhauses mehr als 100 Euro. Gestern waren die Papiere noch rund 16 Euro wert. Mitte Mai tritt Fitschen als Co-Chef der Bank zurück. Dann übernimmt der Brite John Cryan, der seit Mitte 2015 im Vorstand sitzt, allein die Führung. Faktisch hat Cryan sowieso längst das Sagen. Überzeugen konnte der Sanierer mit seinen Konzepten bisher aber nicht. Nach wie vor klingt der einstige Werbespruch „Vertrauen ist der Anfang von allem“ wie blanker Hohn.