Meinung Hartz IV nur mit Sanktionen
Meinung · Wer das Hartz-IV-Prinzip „Fördern und Fordern“ aufgibt, lässt die Arbeitslosen allein. Ein Kommentar.
Darf der Staat Hartz-IV-Leistungen kürzen? Oder wird das vom Grundgesetz garantierte Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum durch Sanktionen verletzt? Um diese Fragen geht es im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Grünen, weite Teile der SPD, die Linken, Gewerkschaften und Sozialverbände lehnen Kürzungen ab, sie halten sie für verfassungswidrig. Wenn arbeitsfähige Hartz-IV-Empfänger einen Termin im Jobcenter bewusst ignorieren oder einen Job ablehnen, hat das die Allgemeinheit also nicht zu interessieren? Nein, das kann nicht richtig sein.
Wer das Hartz-IV-Prinzip „Fördern und Fordern“ aufgibt, lässt die Arbeitslosen allein. Es ist eben keine Strafe, wenn das Jobcenter zum Termin einlädt und versucht, dem Menschen ohne Beschäftigung eine Perspektive zu eröffnen. Und es ist auch keine Strafe, eine Arbeit anzunehmen, die dem Hartz-IV-Empfänger zwar nicht auf Anhieb passt, aber die Chance auf mehr Eigenverantwortung und soziale Teilhabe bietet. Der Sinn von Hartz IV ist es nicht, ein bedingungsloses Grundeinkommen zu gewähren, sondern aus der Bedürftigkeit wieder ins Arbeitsleben zu finden. Genau das liegt ganz gewiss auch im Interesse jener Menschen, die Hartz IV mit ihren Steuern bezahlen. Rund 97 Prozent der Hartz-IV-Empfänger kennen keine Kürzungen, weil Mitwirkung für sie kein Problem ist, weil sie darin vielleicht sogar eine Chance sehen.
Dass bei der Grundsicherung manches schief läuft, trifft sicher zu. Zum Beispiel bei der Gleichbehandlung von jemandem, der 30 Jahre gearbeitet hat, mit dem, der noch nie gearbeitet hat. Der zu schnelle Übergang ins Hartz-IV-System entwertet lange Arbeitsbiografien. Das wird als ungerecht empfunden. Falsch ist es auch, die Unter-25-Jährigen härter zu sanktionieren als Ältere und Leistungen für die Unterkunft zu kürzen. Solche Fehler lassen sich aber korrigieren, ohne gleich „Hartz IV muss weg“ zu rufen.