Meinung Ja, wo sind wir denn?
Wer von Franz Beckenbauer Erklärungen zur Vergabe der Fußball-WM 2006 erwartete, hatte zu ihm nach Kitzbühel zu reisen. Der gerade noch amtierende DFB-Präsident Wolfgang Niersbach kutschierte in Verzweiflung tatsächlich zum WM-Organisationschef von einst.
Beckenbauer ließ ihn danach mit eisigem öffentlichen Schweigen am langen Arm verhungern, Niersbach ist Geschichte. Nun wundert sich Beckenbauer, warum ihm niemand beim DFB auf seinen Brief unter alten Freunden antwortet. „Ja, wo samma denn?“, fragt er in der „Süddeutschen Zeitung“.
Dass Beckenbauer über die Lobhudeleien seines Lebens die Maßstäbe verrückt sind, wird nicht zum ersten Mal klar. Es ist wie so oft im Sport: Die Fähigkeit, von außen auf sich zu schauen, fehlt den Granden, sobald an ihrem Denkmal geschraubt wird.
Beckenbauer hat es ziemlich offensichtlich in Sachen WM-Vergabe nicht sonderlich genau genommen. Die Interimspräsidenten des DFB ziehen aus zwei Gründen ein Gespräch der externen Ermittler mit Beckenbauer einer Unterhaltung unter alten Freunden vor: Sie wissen, dass sie sich selbst am Kaiser die Hände verbrennen können. Und sie wissen als Juristen, dass es eben nicht mehr getan ist mit einem smarten „Ja, wo samma denn“. Beckenbauer verkennt seit Wochen jede juristische Relevanz.
Er spielt auf Zeit, zündet Nebelkerzen, dabei soll er Antworten auf Fragen geben, die er in einer ersten Vernehmung mit Freshfield wohl nicht beantwortet hat. Er habe ja nun der Zeitung Rede und Antwort gestanden, sagt der Kaiser, gefragt nach künftigem Mitwirken im WM-Korruptionsskandal. Ja, wo sind wir denn?