Meinung Kaiser’s: Machtspiele auf dem Rücken der Belegschaft
Im Drama bei Kaiser’s Tengelmann geht es um 16 000 Beschäftigte in Deutschland. Ein „großer Teil von ihnen“, sagt Tengelmann-Eigner Karl-Erivan Haub ganz ohne Schnörkel, wird nun den Job verlieren — wenn nicht in einem sehr kurzen Zeitfenster noch ein Wunder geschieht.
Das Wunder, dass drei hochkarätige Top-Manager sämtliche Animositäten, Feindschaften und Vergangenes über Bord werfen — und sich im Kampf um Kaiser’s Tengelmann pragmatisch und sachorientiert auf eine Lösung verständigen.
Die Chefs von Tengelmann, von Edeka und Rewe haben bisher nur ihr eigenes Süppchen gekocht. Tengelmann-Chef Haub hat nie einen Plan B für seine riskante Strategie des Komplettverkaufs an Edeka erkennen lassen. Eisenhart hielt er daran fest, wohl wissend, dass sie kartellrechtlich kaum durchsetzbar sein würde. Selbstverständlich muss er eine Lösung für die in tiefroten Zahlen steckenden Supermärkte finden. Doch was spricht dagegen, auch Rewe, Norma und Markant zu beteiligen, wenn es mit Edeka alleine nicht geht? Auch Edeka-Chef Mosa und Rewe-Vorstand Caparros verfolgten kompromisslos die eigenen Pläne. Sie alle tragen die Verantwortung für die seit zwei Jahren dauernde Achterbahnfahrt der angeschlagenen Supermarktkette. Jetzt wollen sie diese mit einem jähen Absturz beenden.
Es geht um 16 000 Menschen, um Familien, um Schicksale. Da darf kein Rettungsversuch ausgelassen werden. Da dürfen persönliche Befindlichkeiten keine Rolle spielen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der in dem Drama eine unrühmliche Rolle durch seine verunglückte Ministererlaubnis spielt, bringt quasi in letzter Sekunde einen Vermittler ins Spiel. Einen solchen fordert nun auch der Rewe-Chef. Er will Gabriel persönlich am Verhandlungstisch sehen. Angesichts der Dimension des Falls drängt sich die Frage auf, warum nicht längst ein erfahrener Mediator die festgefahrenen Gespräche begleitet hat.
Braucht es am Ende wirklich diese Dramatik, um doch eine Einigung zu erzielen? Müssen sich Sigmar Gabriel und die Kanzlerin erst „erschrecken“, wie der Wirtschaftsminister gestern sagte? Eins steht fest: Alle Beteiligten haben sich in diesem Prozess disqualifiziert. Die Top-Manager haben ihre Machtspiele auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Selbst wenn jetzt eine Lösung gefunden würde, dürfte es fast unmöglich sein, dass die Mitarbeiter solchen Akteuren noch einmal Vertrauen schenken.