Meinung Was für Jogi Löw spricht
Vor wenigen Tagen erschien in der „FAZ“ ein Artikel über den deutschen Fußball-Bundestrainer Joachim Löw, in dem der Autor Löw attestierte, er habe es sich „bequem gemacht“, lasse einen „Hang zum Bewährten erkennen“, dabei sei doch im deutschen Fußball „ein neuer Aufbruch fällig“.
Wenige Tage später spielt die deutsche Nationalelf in Hamburg beim 3:0 gegen Tschechien so gut und restlos überzeugend wie lange nicht.
Was das eine mit dem anderen zu tun hat? In der Tat ließe sich an Bundestrainer Löw einiges kritisieren. Weil es überhaupt schwer ist, sich nach zehn Jahren nicht abzunutzen. Weil Spieler sich hinter Löws bisweilen provokativer Lässigkeit vor weniger bedeutenden Länderspielen trefflich verstecken können. Oder weil Löw über die Jahre voller Beweihräucherung ein Maß an Selbstbewusstsein gewonnen hat, das ihm mancher als Arroganz auslegt.
Entscheidender aber ist, dass die deutsche Nationalelf unter Löw nicht weniger als konsequent funktioniert. Und der Trainer für eine Dekade ausgesprochen spielstarken deutschen Fußballs steht, der gewiss nicht jeden Titel erzwingt, den es zu holen gäbe, der aber doch oft beides vereint: schön und erfolgreich zu sein. Das hat viel mit unfassbar vielen einzelnen Qualitäten von Spielern zu tun, für die Löw weniger verantwortlich ist. Aber: Es zu schaffen, die Akteure zu stärken und aus den zahlreichen Ich-AGs des Millionengeschäfts immer wieder Mannschaften zu formen, aus denen heraus kaum Kritik am Trainer entsteht, ist so auch noch nicht vielen gelungen.
Es ist eine ziemlich deutsche Sicht auf die Dinge, diese Konstellation grundsätzlich zu hinterfragen. Wer gesehen hat und wahrscheinlich auch morgen gegen Nordirland sehen wird, wie sehr die deutsche Elf anderen enteilt ist, kommt nicht umhin, Löw für einen guten Bundestrainer zu halten. Für den einem ohnehin kaum eine Alternative einfiele. Der „neue Aufbruch“ — er ist noch nicht fällig.