Meinung Die Kosten der Pflege
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als stünde NRW im Vergleich mit den anderen Bundesländern schon wieder schlecht da. Denn an Rhein und Ruhr können sich viele Rentner eine Pflege im Heim nicht leisten, weil die Kosten höher sind als in vielen anderen Teilen der Republik.
Beim zweiten Hinschauen wird klar, warum das so ist: Die Pflegekräfte in NRW verdienen besser, nämlich gut 3000 Euro brutto im Monat. Wer diese Bezahlung für zu hoch hält, weiß nichts über den Alltag in Seniorenheimen. Die Arbeit der Altenpfleger ist anstrengend und kräftezehrend und deshalb mit gut 3000 Euro monatlich angemessen honoriert. Dass zum Beispiel in Leipzig nur 1714 Euro auf der Gehaltsabrechnung stehen, ist ein Unding. Kostengünstige Pflege geht dort auf die Knochen der Fachkräfte.
Das schnelle Wachstum der Pflegebranche hat in den vergangenen Jahren zu einer Welle von Privatisierungen geführt. Immer mehr Kommunen und andere öffentliche Träger ziehen sich zurück und überlassen privaten Betreibern das Feld. Dagegen wäre im Grundsatz nichts einzuwenden, wenn die Rahmenbedingungen stimmen würden. Das ist aber nicht der Fall. Private Heimbetreiber und ambulante Pflegedienste werden in ihrem Bestreben, möglichst viel Gewinn zu machen, nur unzureichend kontrolliert. Dabei ist Betrug in der Pflegebranche schon längst keine Ausnahme mehr. Immer wieder fliegen Einrichtungen auf, die Pflegekräfte als Scheinselbständige beschäftigen und auf diese Weise Sozialabgaben sparen. Und wer prüft schon, ob ein Betreuer, der zweimal täglich in die Wohnung kommt, nicht tatsächlich drei Besuche abrechnet?
Wir alle wissen, dass die Zahl der Pflegebedürftigen steigen wird. Und wir wissen, dass dafür das Geld in der Pflegekasse nicht reicht. Fair wäre es, die Kosten zunehmend über Steuern zu tragen. Dann wären alle Bürger mit im Boot. Und wir könnten uns leisten, Altenpfleger für ihre Arbeit anständig zu bezahlen.