Meinung Politik für schwarze Schafe

Meinung · An den Entwicklungen rund ums Kindergeld lässt sich ablesen, welches Menschenbild mitunter dem gesellschaftlichen Diskurs und politischen Entscheidungen zugrunde liegt.

Foto: Judith Michaelis

Es muss geprägt sein von großem Argwohn. Gegenüber Menschen, die gar nicht deutsch sind, aber deutsches Kindergeld beziehen. Gegenüber Alleinerziehenden, die mit dem Unterhaltsvorschuss den Staat für etwas zahlen lassen, das Aufgabe der Familie gewesen wäre.

Am zweiten Beispiel allerdings lässt sich durchdeklinieren, was die Folge einer Politik ist, die für schwarze Schafe gemacht wird. Sie trifft die Essenerin Elena Fronk, zweifache Mutter und berufstätig, deren Ex-Partner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Oder die Opernsängerin aus Pulheim, die wir in dieser Zeitung kürzlich vorgestellt haben, die kurz nach der Geburt ihres Sohnes verwitwet ist – und die ebenfalls nichts von der Kindergelderhöhung hat.

Das Bundesfamilienministerium argumentiert, der Unterhaltsvorschuss werde dafür ja Anfang des Jahres erhöht. Allerdings steigt er für ein Kind bis fünf Jahre um sechs Euro, zur Kindergelderhöhung im Juli sinkt er genau um deren zehn Euro. Heißt: Die Alleinerziehenden, die Unterhaltsvorschuss beziehen, haben nachher vier Euro weniger dazugewonnen als Paare, die Kindergeld bekommen. Sowieso viel weniger als das Unternehmer- oder Ärztepaar, das vom erhöhten Freibetrag profitiert. Wie lautet die Botschaft der Gesellschaft und der Politik an diese alleinerziehenden Eltern? Eure Kinder sind weniger wert?

Mit dem Prinzip, den Unterhaltsvorschuss als eine Sozialleistung zu behandeln, die so niedrig wie möglich gehalten werden muss, trifft man genau die Falschen. Frauen wie Elena Fronk und die Opernsängerin, die arbeiten und ihre Familien zusammenhalten. Allein. Und trotzdem immer knapsen müssen. Für die zehn Euro im Monat mehr wären als nur ein politisches Symbol – aber das Symbol jetzt fatal ist.