Kritik an Merkel: Alter Hut, neu aufgesetzt

Kritik aus den eigenen Reihen an Angela Merkels Kurs

Gut vorstellbar, dass der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich mit der Kanzlerin noch eine Rechnung offen hat. Der ehemalige Bundesinnenminister gilt als Bauernopfer in der leidigen Edathy-Affäre. Angela Merkel (CDU) hatte den Christsozialen nach nur zwei Amtsmonaten politisch fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel.

Was Friedrich jetzt öffentlich umtreibt, ist allerdings ein alter Hut. Auch betont konservative Unionsleute wie Josef Schlarmann oder Michael Fuchs haben in der Vergangenheit schon zuhauf Klagelieder über das verwässerte Profil ihrer Partei und deren Urheberin Angela Merkel gesungen, ohne dass es einen breiteren Widerhall gefunden hätte. Friedrich verpackt diese Vorwürfe nur etwas zeitgemäß, indem er den pragmatischen Kurs der Kanzlerin als Grund für das Erstarken von Pegida-Protesten und der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) deutet.

Doch mit Verlaub — das ist Unsinn. Die Pegida-Demonstranten sind ein ziemlich diffuser Haufen. Ihr Unbehagen gipfelt in Schlagworten, die viele von ihnen vermutlich selbst nicht recht verstehen. Wer sich heute an der vermeintlichen Islamisierung des Abendlandes reibt, könnte morgen auch gegen eine „falsche“ Sozialpolitik auf die Straße gehen. Soll die Union diesen Leuten hinterher rennen?

Besser nicht. Wie übrigens auch nicht der AfD, die, und daran muss gelegentlich erinnert werden, durch ihre Fundamentalkritik am Euro politisch groß geworden ist. Hätte die Union die Euro-Rettungspakete also nicht schnüren sollen? Und warum hat Hans-Peter Friedrich denen eigentlich regelmäßig zugestimmt, wenn er sich nun plötzlich mehr AfD in der Union wünscht?

Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Zu fragen ist, wo CDU und CSU heute stünden, hätten sie einem Euro-Crash Tür und Tor geöffnet. Wo wären sie, wenn sie den Atom-Ausstieg hätten ausfallen lassen? Oder wenn sie angesichts einer alternden Gesellschaft weiter so getan hätten, als brauche Deutschland keine Zuwanderung.

Wahlen werden in der Mitte gewonnen. Dort ist die Union dank Merkel gut verankert. Davon zeugen jedenfalls alle Umfragen. Und das nicht erst seit gestern.