Meinung Linksextremismus: Das vernachlässigte Problem
Der Rückschluss liegt nahe, dass über den Kampf gegen den islamistischen Terror und gegen die sich ausbreitende rechte Szene der Linksextremismus aus den Augen verloren worden ist. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit.
Das linke Problem ist schon viel länger verharmlost worden. Und wer nach der Gewaltorgie von Hamburg immer noch das Liedchen singt, Gewalttäter seien per se nicht links, der liegt fatal daneben. Mit Nachsicht oder mit Gleichgültigkeit muss Schluss sein, auch mit den Versuchen, die Taten mit angeblicher Polizeigewalt zu legitimieren. Schuld an der Eskalation haben die Randalierer. Niemand sonst.
Die Frage muss erlaubt sein, warum so viele Täter aus dem europäischen Ausland anreisen konnten, wo doch extra die Grenzkontrollen wieder eingeführt wurden. Das muss Teil der intensiven Fehleranalyse sein, die nun stattzufinden hat. Der Vorschlag einer europaweiten Extremisten-Datei klingt da sinnvoll. Auf nationaler Ebene gibt es eine Gewalttäter-Datei Links bereits, aber eben nichts Vergleichbares auf internationaler Ebene. Vielleicht hätten dann weniger Schlägertrupps aus ganz Europa Hamburg erreicht. Gleichwohl gilt: Erst die Analyse, dann die Konsequenzen. Schnellschüsse wie die Forderung nach härteren Strafen nutzen nichts. Denn die Strafen sind hart, die Polizei muss aber der Täter erst einmal habhaft werden.
Wer freilich in der Hansestadt die Krawalle erlebt hat, der wird bestätigen, dass unzählige Menschen mitgemacht haben, die keinem politischen Spektrum zuzuordnen sind. Hooligans gehörten dazu, auch Jugendliche, die aus Attacken auf Einsatzkräfte ein Party-Event gemacht haben — links die Dose Bier, rechts den Stein in der Hand. Und nachher ein bisschen plündern, Alkohol gratis. Insofern geht es nicht nur darum, wie man einer völlig enthemmten autonomen Szene Einhalt gebieten kann. Sondern auch darum, was in der Gesellschaft falsch läuft, wenn so viele Menschen an schweren Straftaten nichts Verwerfliches mehr sehen.