Lokführerstreik: Gewerkschaft entmachtet sich selbst

Bundesweiter Streik der Lokführer und Zugbegleiter

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Für viele Pendler herrscht am Mittwoch ein schrecklicher Morgen. Zwar streiken Lokführer, Zugbegleiter und anderes Bahnpersonal nur bis 6 Uhr. Aber die Folgen dürften den Berufsverkehr weitgehend lahmlegen.

Dass die Bahnmitarbeiter nicht zur Arbeit erscheinen, ist ihr gutes Recht. Doch der Ärger über ausgefallene S-Bahnen und Regionalzüge wäre nicht ganz so heftig, wenn klar wäre, dass es nur um bessere Arbeitsbedingungen für die Lokführer ginge. Doch dem ist nicht so. Claus Weselsky, Chef der Gewerkschaft der Lokführer (GDL), will mehr. Er ringt vor allem um seine Macht im Bahnkonzern. Weselsky möchte den Einfluss der GDL auch auf das restliche Bahnpersonal ausdehnen. Dumm nur, dass das zumeist schon in der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) organisiert ist. Und die Gräben zwischen beiden Gewerkschaften innerhalb des Bahn-Konzerns scheinen tiefer denn je.

Das Management lehnt sich unterdessen ziemlich entspannt zurück. Der Vorstand hat zwei Prozent mehr Geld geboten — wohl wissend, dass die GDL dies angesichts ihrer Forderung von fünf Prozent mehr Geld plus verkürzter Wochenarbeitszeit nur ablehnen kann. Die Bahnspitze sieht, dass Weselsky mit seiner starren Haltung in die Sackgasse rennt.

Denn die Bundesregierung bastelt emsig an einem Gesetz zur sogenannten Tarifeinheit. Vermutlich läuft es darauf hinaus, dass Spartengewerkschaften dann nicht mehr streiken dürfen. Die größeren mit mehr Mitgliedern in einem Unternehmen hätten dann den Vorrang. Weselsky arbeitet also an seiner eigenen Entmachtung. Und er trifft Piloten und Ärzte gleich mit. Dort gibt es ebenfalls Mini-Gewerkschaften, die Gefahr laufen, ihr Streikrecht zu verlieren.

Aus Sicht der Arbeitgeber entwickelt sich die Sache bestens. Tarifstreit lässt sich leichter austragen, wenn es auf der anderen Seite nur noch einen ernsthaften Ansprechpartner gibt. Auch die meisten Bahnfahrer und Lufthansa-Kunden begrüßen es, wenn winzige Gewerkschaften nicht mehr die Macht haben, mit überzogenen Forderungen maximalen Ärger auszulösen. Die Altersgeld-Wünsche der Piloten sind noch bestens in unschöner Erinnerung.