Meinung Mindestlohn: Ausnahmen nur in engen Grenzen
Als die Flüchtlingskrise im Sommer mit voller Wucht in Deutschland aufschlug, meinte Kanzlerin Angela Merkel noch: „Deutsche Gründlichkeit ist super“, aber jetzt sei „deutsche Flexibilität“ gefordert.
Gemeint war vor allem das Baurecht. Aber warum sollte das nicht auch für Teilregelungen beim Mindestlohn gelten?
Damit das klar ist: Den Mindestlohn für Flüchtlinge gänzlich auszusetzen, wäre ein fatales Signal. Da hat die SPD völlig Recht. Denn damit würden die Neuankömmlinge gegen sozial schwache Deutsche ausgespielt, die Flüchtlinge würden in einen Verdrängungswettbewerb mit einheimischen Langzeitarbeitslosen treten. Genau das will eigentlich keiner, weil es das Gegenteil von Integration wäre. Außerdem betont die Politik derzeit aus guten Gründen, dass niemandem hierzulande etwas weggenommen werden soll, um es dann den Flüchtlingen zu geben. Der Ansatz ist richtig, alles andere schürt nur Fremdenfeindlichkeit und Ressentiments. Ob er durchzuhalten sein wird, wird sich in den nächsten Monaten noch zeigen.
Gleichwohl gilt auch, dass gerade in der jetzigen Krisensituation mit Hunderttausenden Zuwanderern mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt dringend vonnöten ist. Vor allem, was den Zugang für Asylsuchende angeht. Hier ist zwar schon einiges passiert, aber aus Sicht der Wirtschaft noch nicht genug. Wahr ist: Der überwiegende Teil der Neuankömmlinge ist schlecht oder gar nicht qualifiziert. Und wenn doch, ist unklar, ob die Kenntnisse hiesigen Anforderungen überhaupt entsprechen. Viele Flüchtlinge sind außerdem zu jung, um bereits eine Ausbildung absolviert haben zu können. Praktika haben somit eine bedeutende Brückenfunktion in neue Qualifikationen hinein. Und unbestritten ist: Durch die Integration in den Arbeitsmarkt wird sich letztendlich entscheiden, inwieweit Deutschland der Herausforderung des Flüchtlingsansturms tatsächlich gerecht werden wird. Nur so haben die Asylsuchenden eine echte Chance auf ein neues Leben.
Deswegen sollte die Politik der Wirtschaft entgegenkommen. Änderungen beim Mindestlohn sind bei Praktika vertretbar und der richtige Weg. Allerdings in zeitlich engen Grenzen. Denn man kennt das ja, reicht man erst den kleinen Finger, wird oftmals nach der ganzen Hand gegriffen. Auch seitens der Unternehmen. Das muss beim Mindestlohn verhindert werden.