NSU-Ausschuss: Das blamable Versagen des Rechtsstaats
NSU-Untersuchungsausschuss zieht auf 1000 Seiten Bilanz
Man muss genau hinsehen, möchte man dem Ergebnis des NSU-Untersuchungsausschusses etwas Gutes abgewinnen. Dass es überhaupt eines gibt, dass alle Fraktionen einstimmig den Abschlussbericht gebilligt haben, ist ein Punkt auf der Habenseite. Dass der Ausschuss seit seiner Einsetzung vor anderthalb Jahren nicht zum parteipolitischen Kampfinstrument verkommen ist, ließe sich ebenfalls als Erfolg notieren. Ebenso den spürbaren Willen der Ausschussmitglieder, mit einem der dunkelsten Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte aufräumen zu wollen.
Dem Inhalt des 1000-seitigen Abschlussberichts lässt sich freilich nichts, aber auch gar nichts Gutes abgewinnen. Er belegt das systematische Versagen sämtlicher Behörden, die mit der Aufklärung der NSU-Morde befasst waren. Er zeigt, mit welcher Kaltschnäuzigkeit und Ignoranz Polizei und Verfassungsschützer Hinweise auf die Täter beiseite gewischt und stattdessen die Angehörigen der Ermordeten ins Visier genommen haben. Der Ausschuss bescheinigt den deutschen Sicherheits- und Ermittlungsbehörden „eine beschämende Niederlage“.
Eine recht sportliche Formulierung für das totale Versagen des Rechtsstaates, der nun in der Pflicht ist, seine offenkundig störanfälligen Sicherheitsorgane zu reformieren. Mit dem Gemeinsamen Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus, das im vergangenen Dezember an den Start gegangen ist, wurde ein erster, wenn auch kleiner und überfälliger Schritt getan.
Weitere müssen folgen: Die Befugnisse und Sanktionsmöglichkeiten des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das für den Bundestag die Arbeit der Geheimdienste überwacht, müssen erhöht werden. Der Einsatz von V-Leuten muss gänzlich infrage oder deutlich restriktiver reglementiert werden.
Das Wichtigste kann aber kein Untersuchungsausschuss und keine noch so laute Forderung aus der Politik bewirken. Es muss sich etwas ändern: Die Mentalität nämlich, die fast zehn Jahre lang dafür gesorgt hat, dass Menschen nur wegen ihrer Herkunft wie Kriminelle behandelt wurden. Beamte mit rassistischen Vorurteilen im Kopf, bewusstes Wegsehen und Denkverbote im Amt sind keine Hilfe im Kampf gegen Rechtsterror.