Politik für die Schüler, nicht für die Statistik
Die Statistik über den Ausfall von Unterrichtsstunden ist wichtig. Sie kann ein Gradmesser für den Erfolg der Bildungspolitik im Land sein. Mit niedrigen Werten kann die Landesregierung zeigen, dass es genug Lehrer gibt, um ausfallende Stunden zu ersetzten und dass das organisierende System dahinter funktioniert.
Rot-Grün weiß das und rechnet vor, im Schuljahr 2014/2015 seien nur 1,7 Prozent des Unterrichts ausgefallen. 2010 waren es noch 2,4 Prozent. Läuft also.
Viele haben einen anderen Eindruck. Elternverbände und Opposition werfen der Regierung deswegen Täuschung vor. Die Zahlen seien eigentlich viel höher. Der Grund: Die den Zahlen zugrundeliegende Definition von Ausfall ist auf beiden Seiten nicht dieselbe.
Das Land erhebt nur die ersatzlos gestrichenen Stunden. Die Landeselternschaft nimmt neben diesen auch die Schulstunden auf, in denen sich die Kinder, mit oder ohne Lehrer, selbst beschäftigen. Laut Ministerium ist das eigenverantwortlicher Unterricht. Laut Elternverband gar keiner. Und es stimmt: Die reine Anwesenheit von Schülern kann nicht als Unterricht gelten.
Dass die Erhebung des Landes nicht über alle Zweifel erhaben ist, ist bekannt. Der Landesrechnungshof hatte sie vor einigen Jahren mit eigenen Ergebnissen in Frage gestellt. Daraufhin wurde sie 2010 eingestellt und erst 2014/2015 wieder aufgenommen, um überhaupt Daten zu haben.
Schulministerin Sylvia Löhrmann weiß um die Mängel. Die Kritik an der Erhebung war erwartbar und sie setzt sich ihr trotzdem aus, um überhaupt zu zeigen, wie die Entwicklung im Land aussieht. Gleichzeitig hat sie das Thema in die Bildungskonferenz gebracht, ein Gremium aller am Schulleben beteiligten Verbände und Organisationen. Sie arbeitet also an Abhilfe.
Aber das ist alles Symbolpolitik. Denn die reine Definiererei wird nicht alle Probleme lösen. Ob die bisher kritisierte Methode geändert wird, ist nicht klar. Jedenfalls wird gerade die neue Erfassung für das Schuljahr 2015/2016 vorbereitet.
Ob sich etwas an der Art der Vertretungsstunden ändert, deren Umsetzung die Eltern kritisieren, ist auch nicht gesetzt. Aber darum geht es doch eigentlich. Egal, wie diese Stunden genannt werden. Dafür braucht es keinen langwierigen Streit um Definitionen. Sondern ausreichend und gut organi- sierte Lehrer. Damit die Schüler gut dastehen — und nicht die Statistik.