Praktiker-Pleite: Schnäppchen ersetzen keine Strategie
Das Aus für Praktiker ist hart — aber logisch.
Zwanzig Prozent auf alles — außer Tiernahrung.“ Der nervige aber einprägsame Werbeslogan von Praktiker ist ein Indiz, warum die drittgrößte deutsche Baumarktkette gescheitert ist. Wer zu sehr auf die Schnäppchen-Strategie setzt, lockt zwar kurzfristig Kunden. Doch ist die Billig-Kampagne zu Ende, gehen diese wieder anderswo einkaufen. Vor allem gehört zum soliden wirtschaftlichen Erfolg mehr.
Prima Produkte, gute Lage und vor allem freundlich-kompetente Beratung sind wichtig. Wobei Letzteres in Baumärkten sehr unterschiedlich geschieht. Heimwerker-Laien fühlen sich oft alleingelassen. Wenn sie überhaupt Personal finden, parliert das in unverständlichem Fachjargon. Aber auch nette, kompetente Hilfe kann man erleben.
Abgesehen von den spezifischen Problemen von Praktiker dürfte Deutschland mit seinen rund 2400 Bau- und Heimwerkermärkten schlicht überversorgt sein. Die Zahl derer, die selbst tapezieren, Fliesen verlegen oder ihre Gartenlaube persönlich zusammenbauen, ist nicht unendlich steigerbar.
Nach Jahren des Wachstums stagnieren die Umsätze. Immerhin hat die Branche darauf reagiert und steigert die Zahl der Filialen nicht mehr. Aber leider werden die einzelnen Märkte immer größer. Der Umsatz pro Quadratmeter ist deshalb seit der Jahrtausendwende krass abgesackt. Verbunden mit dem gestiegenen Wettbewerbsdruck ist es logisch, wenn Firmen ins Schlingern geraten.
So gesehen kann man in der Schließung von bis zu 315 deutschen Praktiker-Märkten sogar eine sinnvolle Marktbereinigung sehen, die die Überlebenschancen der Mitbewerber verbessert. Für die betroffenen Mitarbeiter ist das allerdings kein Trost. Sie fragen sich, ob ihr früheres Management mit seiner Billig-Strategie richtig lag. Und sie sehen sogar in der eigenen Unternehmensgruppe am Beispiel der hochwertiger konzipierten Max-Bahr-Märkte, dass man in der Branche trotz aller Widrigkeiten auch Geld verdienen kann.
Es ist schade, wenn mit Praktiker ein bekannter Firmenname verschwindet. Die Beispiele von Neckermann, Quelle, Karstadt oder Schlecker zeigen, wie rasch so etwas gehen kann. Der Markt bestraft heute gnadenloser als früher, wenn das Management Fehler macht oder Mitbewerber besonders einfallsreich sind.