Meinung Dumme Vereinfachung

Meinung · Der mündige Traditionalist will das Finanzgebaren eines Milliardärs in der Fußball-Provinz auch weiterhin kritisieren dürfen. Und viele andere wollen, dass das aufhört. In den Zwischentönen liegen die Lösungen.

Mönchengladbacher Ultras zeigen ein Transparent mit dem Konterfei von Dietmar Hopp, woraufhin Schiedsrichter Brych das Spiel unterbrochen hatte.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Unter Anhängern von Borussia Mönchengladbach werden seit dem Samstagsspiel gegen Hoffenheim die Argumente darüber ausgetauscht, warum das Plakat, auf dem der Hoffenheimer Mäzen Dietmar Hopp im Fadenkreuz abgebildet ist, und der rassistische Anschlag in Hanau mit zehn getöteten Menschen eben nicht miteinander zu tun hätten. Mit dieser unsachgemäßen Vermengung werde, so argumentierte die „Fanhilfe Mönchengladbach“ bei Twitter, rechter Terror verharmlost – und Fans mit ihrer „überspitzen Kritik“ an Hopp in „einem berechtigten Anliegen“ mundtot gemacht. So legt sich’s jede Partei zurecht: Der mündige Traditionalist will das Finanzgebaren eines Milliardärs in der Fußball-Provinz auch weiterhin kritisieren dürfen. Und viele andere wollen, dass das aufhört.

In den Zwischentönen liegen die Lösungen: Kaum jemand hat etwas dagegen, wenn gegen Hopp als früh geschaffene Symbolfigur des freilich nur vermeintlich typischen Investors protestiert wird. Dann aber bitte inhaltlich, ausgehend von seiner Funktion, nicht vom Menschen. Das würde der Sache gerecht – und die Fans ließen sich noch ernst nehmen.

Mit einem Fadenkreuz-Plakat und wüsten, persönlich beleidigenden Sprechchören geht das hinegegen: gar nicht. Dagegen ist der DFB im Fall Dortmund vorgegangen, dagegen wird er berechtigt auch in diesem Fall insistieren, wo wohl auf eine Strafe gegen Dortmund-Anhänger reagiert worden ist. Aber das Ansinnen spielt gar keine Rolle: Wer nicht begreift, warum Menschen nie Zielscheiben sein dürfen und sich im Umfeld von ermutigendem Gedenken den Opfern von Hanau Minuten später nicht zu blöd ist, der Gesellschaft gleich die nächste Faust ins Gesicht zu schlagen, der wird mit dieser Verachtung leben müssen. Der Kampf gegen polarisierende Vereinfachung und schmerzhafte Dummheit fängt nicht jedes Mal von Null an. Er läuft. Und das ist gut so.