Meinung Rio 2016: Darf Sport noch erfreuen?
Dass Olympia sich die olympische Freude der Zuschauer erst wieder mühsam erarbeiten muss, dafür hat das IOC in den vergangenen Monaten alles Erdenkliche getan. Der Umgang des Schirmherrn der olympischen Bewegung mit seinem Geschäft war vor allem in Sachen Ausschluss-Entscheidung Russlands eine Farce.
Und es wird tägliche Arbeit der Journalisten sein, das Treiben um unerlaubte Leistungssteigerungen aufzudecken, aufzuschreiben, zu senden — und den Funktionären vorzuhalten. Sie selbst werden sich gewiss nicht aus diesem Sumpf befreien, in dem Olympia zu versinken droht.
Ein aktuelles Beispiel aus dem Gastgeberland zeigt das ganz gut: Kein Spitzensportler aus Brasilien ist in den letzten Wochen vor dem Olympia-Start von der Nationalen Anti-Doping-Agentur Brasiliens getestet worden. Auf staatliche Anordnung hin, angeblich wegen personeller Wechsel in Ministerium und Agentur. Wem solche Chuzpe begegnet, der muss den Fernseher eigentlich ausschalten und Olympia Olympia sein lassen.
Aber: Kaum rollt der Ball, sind die Schwebebalken aufgestellt oder die Pferde gesattelt, ist eben doch dieses olympische Flair zu spüren. Mit einmaligen Bildern von heftigen Winden beim Rudern, mit kuriosem Kopfsteinpflaster für Radprofis, mit tieftraurigen Viertplatzierten. Und zuerst mit dem deutschen Turner Andreas Toba, der trotz Schmerzen mit einem Kreuzbandriss am Seitpferd turnt, weil ihn seine Mannschaft für den Finaleinzug braucht. Ein olympischer Held, texten die Agenturen, der sich vier Jahre auf diesen Moment vorbereitet hat. Und sich nun selbst vergisst. Das ist Olympias Faszination. Die freilich beim Konsumenten derart ambivalent wirkt, dass der eigene Kompass für falsch und richtig nicht mehr eindeutig ausschlägt.
Es ist das Elend dieser Tage von Rio, dass die Freude am Sport getrübt bleibt. Aber das erste Olympia-Wochenende hat es geschafft, auch den Verdruss der vergangenen Wochen aufzuhellen. Mehr konnte man nicht erwarten.