Machtübernahme Rückkehr der Taliban in Afghanistan ist eine Tragödie
Meinung · Die Wiederkehr der Taliban-Schreckensherrschaft macht das Versagen der westlichen Alliierten komplett. Sie haben sich überfordert und frustriert aus dem Staub gemacht und den Taliban bedingungslos das Feld überlassen.
Der Vormarsch der Taliban hat in der afghanischen Hauptstadt Kabul Panik ausgelöst. Die Reaktion der Menschen in Kabul zeigt, dass sie alles andere als eine „friedliche Machtübernahme“ erwarten. Auch auf die Beteuerung eines Taliban-Unterhändlers, „keine Rache an irgendjemandem“ zu nehmen, geben sie nicht viel. Denn unvergessen sind die traumatischen Jahre 1996 bis 2001, in denen die Taliban im „Islamischen Emirat Afghanistan“ eine Schreckensherrschaft errichtet hatten.
Sie verübten, um ihre Macht zu sichern, Massaker gegen Minderheiten, zerstörten Dörfer und Städte, betrieben Drogen- und Menschenhandel. Insbesondere für die Frauen, die konsequent aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen wurden, die nicht zur Schule gehen und nicht arbeiten durften, waren es finstere Zeiten. In der Öffentlichkeit durften sie sich nur vollständig verhüllt zeigen. Wer dagegen verstieß, dem drohte Züchtigung durch die Religionspolizei. Die Taliban ließen Menschen öffentlich in Sportstadien hinrichten, zerstörten auch Kulturdenkmäler von Weltrang wie die Buddha-Statuen von Bamiyan. Ihr Regime ähnelte der späteren Terrorherrschaft des Islamischen Staats.
Es soll Experten geben, die glauben, die Taliban von heute seien nicht mehr ganz so gnadenlos und fundamentalistisch. Aber auch in den vergangenen Jahren kamen Tausende Zivilisten durch Anschläge der Taliban ums Leben. Und schon gibt es Augenzeugenberichte davon, dass sich die Taliban in ihrem Herrschaftsgebiet um Menschenrechte keinen Deut scheren: willkürlich töten, Frauen öffentlich auspeitschen.
Die Wiederkehr der Schreckensherrschaft macht das Versagen der westlichen Alliierten komplett. Sie haben sich überfordert und frustriert aus dem Staub gemacht und den Taliban bedingungslos das Feld überlassen. Ausbaden muss dies nun erneut die Zivilbevölkerung, die seit Generationen keinen Frieden kennt. Das Mindeste muss sein, die afghanischen Ortskräfte, die für die westlichen Armeen, Medien und andere Organisationen tätig waren, schnellstmöglich in Sicherheit zu bringen.