Meinung Sami A. — offene Fragen bleiben
Was deutsche Gerichte entscheiden, muss gelten — auf diesen Grundsatz konnten sich am DFreitag die Landespolitiker beim Thema Abschiebung des Gefährders Sami A. einigen. Das war es dann aber auch schon.
Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) sieht sich unangreifbar, weil er alle rechtlichen Vorgaben eingehalten haben will. Dass er dabei bis an die Grenze des Rechtsstaats gegangen ist, weil er sehr bewusst bisherige Gepflogenheiten von kommunikativen Prozessen zwischen Ministerien, Behörden und Gerichten außer Acht gelassen hat, um zum Ziel zu kommen, ist eine Wahrheit, die — nebenbei bemerkt — durch die „volle Verantwortung“ des NRW-Ministers den deutschen Innenminister Horst Seehofer (CSU) entlastet. Aber ist es auch verwerflich, wenn ein Minister tatkräftig die Chance ergreift, einen erheblichen Gefährder rechtssicher außer Landes zu bringen?
Zumindest ist es angreifbar: Das dokumentiert schon die Tatsache, dass Justizminister Peter Biesenbach (CDU) trotz Nachfragen am Freitag die Antwort auf die Frage umschiffte, ob die Abschiebung von Sami A. rechtmäßig verlaufen sei. Er verlasse sich auf die Gerichte, sagte Biesenbach, als es ihm passte.
Was bleibt? Offene Fragen des Rechts, deren Antworten jetzt wichtiger sind als jene darauf, ob etwas wenn nicht rechtlich, so doch ethisch anfechtbar sei. Vor allem die entscheidende, warum Stamp die Abschiebung nicht abbrechen ließ, als er vom Urteil des Verwaltungsgerichts erfuhr. Nach Auskunft des Verwaltungsgerichts hätte er das bei einem gecharterten Flug tun können, weil Sami A. Flugzeug und Transitbereich noch nicht verlassen hatte. Auch ist die Frage ungeklärt, ob dem Gefährder während der Abschiebung in der Obhut der Bundespolizei Rechtsbeistand verweigert worden ist.
Was bei allem aber auch gilt: Rechtsstaat und Rechtsempfinden sind zwar zweierlei. Zu weit aber sollten sie sich nicht voneinander entfernen.