Schlecker: Ein unmenschlicher Nervenkrieg
Länder sperren sich gegen Hilfen für Schlecker-Mitarbeiter
Die Nerven der 11 000 gekündigten Schlecker-Mitarbeiter wurden gestern unmenschlich strapaziert. Sie hofften, dass sie dank Transfergesellschaften eine neue Chance erhalten. Solche Organisationen bieten zwar auch keine Job-Garantie, aber immerhin eine bessere Perspektive als der direkte Weg zur Arbeitsagentur. Finanziell stellen sich die Gekündigten etwas besser. Vor allem gibt es bei Tansfergesellschaften Qualifizierung und Training dafür, wie man sich gut auf dem Arbeitsmarkt präsentiert. So etwas können Ex-Schlecker-Leute gut brauchen. Denn viele haben lange keine Bewerbung geschrieben oder gar ein Vorstellungsgespräch geführt. Die meisten sind weiblich, haben in Teilzeit gearbeitet und wenig verdient. Ihr Arbeitslosengeld fällt gering aus, und ihre Zukunftsangst ist groß. Ihnen wären gute Chancen zu gönnen.
Transfergesellschaften gibt es allerdings nur, wenn jemand für das Geld, das die insolvente Firma Schlecker dafür aufbringen muss, bürgt. Die Bundesländer hatten das eigentlich vor, lieferten sich und vor allem den bedauernswerten Betroffenen gestern einen gnadenlosen Nervenkrieg. Erst Hoffnung, dann das Aussteigen einiger, dann neue Hoffnung, dass die verbliebenen drei Länder sich die Last teilen. Abends wieder Enttäuschung. . .
Zumindest Baden-Württemberg, die Heimat Schleckers, schien zu allem bereit, doch andere nicht. Das Beispiel Bayern zeigt das gut: Dort hatte das Kabinett schon die 10,6 Millionen, die auf den Freistaat entfallen wären, genehmigt. Als dann andere Länder absprangen und sich die Summe verdoppelt hätte, erlosch auch dort die Bereitschaft.
Man kann sich moralisch über das Verhalten der Länder entrüsten. Anderseits ist es nachvollziehbar, dass sie genau prüfen, ob sie eine Bürgschaft geben. Denn damit setzen sie Steuergelder aufs Spiel. Und sie müssen die Frage der Wähler fürchten, warum sie solche finanziellen Risiken eingehen. Oder auch, warum sie in dem einen Fall großzügig helfen, in dem anderen aber nicht. Vor allem Kleinunternehmen und deren Mitarbeiter können über solch ungleiche Behandlung Klagelieder anstimmen.
Die Schuldigen sind ohnehin nicht die, die jetzt Finanzhilfen zurückhalten, sondern die, die das Unternehmen Schlecker in den Untergang steuerten.