Seehofers Politik mit dem Vorschlaghammer
Horst Seehofer ist nicht mal mehr ein Wolf im Schafspelz. Seine gestrige Lobeshymne auf den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban war eine offene und unverfrorene Watschen gegen die Kanzlerin.
Wenn Angela Merkel solche Freunde wie den CSU-Chef hat, braucht sie ihre politischen Feinde nicht anderswo zu suchen. Zumal jeder weiß, dass Seehofers neuer Partner kein lupenreiner Demokrat ist, sondern in seinem Land die Demokratie gehörig schleift. Das macht den Schulterschluss der Christsozialen mit dem Ungarn noch ein Stück schmerzlicher und unverständlicher.
Was die CSU antreibt, liegt auf der Hand: Sie war schon immer eigen- und starrsinnig. Sie hat sich von ihrem Grundverständnis her im Schwesternduo mit der CDU stets als die Vertreterin der wahren konservativen Lehre gesehen — und zu der gehört nun mal eine rigide Asyl- und Einwanderungspolitik. Obwohl Deutschland längst Einwanderungsland ist. Außerdem darf man nicht vergessen: Das Fischen am rechten Rand gehört zum Prinzip der Partei. Die meisten Christsozialen haben den Satz ihres Übervaters Franz-Josef Strauß mit der Muttermilch aufgesogen, rechts von der CSU und der Union dürfe es keine demokratisch legitimierte Gruppierung geben. Das erklärt Seehofers Kurs. Er will diejenigen binden, die unzufrieden sind mit Merkels flüchtlingsfreundlicher Politik. Bevor sie woanders hinwandern. Aber darf dafür jedes Mittel und jedes Treffen recht sein? Doch wohl nicht.
Angela Merkel muss nun gehörig aufpassen. Sie kann nicht so tun, als gehe sie die Kritik aus Bayern überhaupt nichts an. Denn Seehofer legt den Vorschlaghammer an ein Fundament, das Merkel die Kanzlerschaft sichert. Er formiert die Basis gegen die CDU-Chefin. Vorerst nur die christsoziale, ohne die Merkel aber nicht Kanzlerin geworden und geblieben wäre. Der Vergleich mit Merkels Vorgänger im Amt, Gerhard Schröder, drängt sich da auf: Die Agenda 2010 hat ihn die Kanzlerschaft gekostet, weil er die eigene Partei nicht mitziehen und von den Reformmaßnahmen überzeugen konnte. Merkel könnte unter tatkräftiger Mithilfe ihrer Schwesterpartei in der Flüchtlingspolitik dasselbe passieren. Deswegen muss sie die Krise nun schnell in den Griff bekommen. Merkel muss zeigen, dass sie das Heft in der Hand hat — und auch behält. Ansonsten werden die Zeiten noch viel schwerer werden für die Kanzlerin.