Wer kauft schon jede Woche einen Toaster?
Ein Leitartikel von Martin Vogler über die weit verbreitete Angst vor dem "Teuro".
Wenn früher der Kaffee zwei Mark kostete, dann will der Gastronomheute den gleichen Betrag in Euro. Exakt solche Erfahrungen führen zurweit verbreiteten Angst vor dem Teuro. Da können uns seriöseStatistiker mit noch so fundierten Ausarbeitungen beweisen, dass wirnur eine gefühlte Inflation erleben. Wir glauben das einfach nicht.
Dasliegt - um beim Beispiel zu bleiben - daran, dass wir uns vielleichtsogar mehrmals pro Woche eine Tasse Kaffee außer Haus gönnen. Alsoerleben wir auch mehrmals die Teuerung. Andererseits haben sich diePreise für Möbel und Elektrogeräte fast halbiert.
Da jedoch niemandalle paar Tage einen neuen Toaster kauft, fällt das kaum auf, zumalviele sich überhaupt nicht mehr an den Neupreis des alten Gerätserinnern können.
Dazu gesellen sich zwei deutsche Besonderheiten: Die populäre"Früher-war-alles-besser-Mentalität" wird mit Klagen über denangeblichen Teuro hervorragend bedient. Und auch wenn die bislangletzte Geldentwertung im Westen Deutschlands mehr als 60 Jahrezurückliegt, ist die Inflationsangst stark ausgeprägt.
Wir habenfolglich einen hervorragenden Nährboden für DM-Nostalgiker, zu denenangeblich bis zu zwei Drittel der Bevölkerung zählen. Doch auch siewerden es ahnen: Den Euro wird niemand mehr abschaffen.
Das Thema Inflation hingegen sollten wir einfach vom Euro abkoppelnund durchaus wachsam sein. Vor allem die wachsende Staatsverschuldunggibt Anlass zur Sorge. Denn wenn Bund, Länder und auch Gemeinden vonZins- und Tilgungszahlungen dermaßen eingeschnürt sein sollten, dassihre Handlungsfähigkeit leidet, wüchse der Reiz, sich dieser Problemedurch eine Geldentwertung zu entledigen. Doch hoffen wir, dass es dazuniemals kommt.
Vor einer gemäßigten Inflation, wie wir sie im Augenblick erleben,muss hingegen niemand Angst haben. Wir verarmen in der Regel nicht,wenn zumindest zwei Voraussetzungen stimmen: Die Gehaltssteigerungensollten die Preisentwicklung in etwa ausgleichen.
Und die Renditen vonGeld- oder sonstigen Anlagen sollten sogar höher liegen, damit dasVermögen nicht schrumpft. Zumindest Letzteres ist derzeit inDeutschland allerdings vor allem bei den Zinsen, die Banken zahlen,leider nicht der Fall.