Astrazeneca-Vakzin Was bedeutet die Empfehlung der Impfkomission für die Impfstrategie?
Berlin · Der dritte Impfstoff gegen das neue Coronavirus, der am Freitag in der EU zugelassen werden soll, ist erst einmal nichts für die ältere Bevölkerung. Was heißt das für die deutsche Impfstrategie?
Die Ständige Impfkommission empfiehlt in der Corona-Pandemie auch die Impfung mit dem Vakzin des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca - allerdings mit Einschränkungen. Aufgrund von derzeit verfügbaren Daten werde dieser Impfstoff nur für Menschen im Alter von 18 bis 64 Jahren empfohlen, hieß es am Donnerstag im Bundesgesundheitsministerium. Patientenschützer fordern nun eine neue Impfverordnung.
Das Vakzin von Astrazeneca soll voraussichtlich am Freitag in der EU zugelassen werden. Zur Beurteilung der Impfeffektivität ab 65 Jahren lägen aktuell keine ausreichenden Daten vor, hieß es zur Begründung für die Einschränkung. Abgesehen davon werde dieser Impfstoff aber ebenfalls als gleichermaßen geeignet angesehen.
Das Vakzin von Astrazeneca wäre der dritte verfügbare Impfstoff in Deutschland neben den Präparaten der Hersteller BionTech/Pfizer und Moderna. Für deren Mittel gibt es belastbarere Daten zu Senioren. So schützt das Mittel von Biontech einer Studie zufolge ältere Menschen ähnlich gut wie jüngere, bei Moderna liegt die Wirksamkeit etwas unter den genannten 94 Prozent.
An der Priorisierung beim Impfen in Deutschland soll sich zunächst nichts ändern: Aufgrund begrenzter Verfügbarkeit soll die Impfung zunächst nur bestimmten Bevölkerungsgruppen angeboten werden. Dabei gilt als Maßgabe weiterhin ein besonders hohes Risiko für schwere oder tödliche Verläufe einer COVID-19-Erkrankung oder aber berufliches Kontakt-Risiko, zum Beispiel bei Ärzten oder Pflegepersonal.
Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, forderte am Donnerstag in diesem Punkt ein Umdenken. Für die stark gefährdete Gruppe der älteren Senioren falle das Astrazeneca-Präparat erst einmal flach. Für sie sollten deshalb die anderen beiden Impfstoffe reserviert werden, forderte er. Ärzte, Pflegepersonal und andere priorisierte Berufsgruppen sollten dafür den Astrazeneca-Impfstoff bekommen, schlug Brysch vor.
Lieferengpässe aller Impfstoff-Hersteller machen die Lage nicht einfacher. „Mindestens zehn harte Wochen“ kündigte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag mit Blick auf die Knappheit bereits an. Mehr als 1,7 Millionen Menschen in Deutschland sind bisher einmal gegen Covid-19 geimpft, mehr als 366 000 haben schon die nötige zweite Spritze erhalten.
Durch ansteckendere Varianten des Virus, die auch in Deutschland bisher schon vereinzelt nachgewiesen wurden, entwickelt sich das Impfprogramm jedoch immer mehr zum Wettlauf gegen die Zeit. Auch die Länge des Lockdowns steht für Wissenschaftler damit in Zusammenhang. Zu frühe Lockerungen könnten die Infektionszahlen wieder in die Höhe schnellen lassen und die Lage unkontrollierbarer machen.
Der Astrazeneca-Impfstoff wäre bei seiner Zulassung der erste Vektor-basierte Impfstoff. Auch hier entwickelt der Körper eine Immunantwort gegen das neue Coronavirus.
Das Mittel wies in Studien im Vergleich zu den anderen beiden zugelassenen Vakzinen eine geringere Wirksamkeit von etwa 70 Prozent auf. Dafür soll es jedoch vergleichsweise leicht zu handhaben sein. Es muss zum Beispiel nicht so tief gekühlt werden und könnte damit auch in Praxen zum Einsatz kommen.