Keine ausreichende Schutzkleidung Bestatter in NRW fordern Anerkennung als systemrelevanter Beruf
Düsseldorf · Die Schutzkleidung wird auch bei vielen Bestattern in NRW knapp. Die Verbände erwarten staatliche Unterstützung und fordern, in die Liste der systemrelevanten Berufe aufgenommen zu werden. In anderen Bundesländern wie Baden-Württemberg, Bayern und Berlin ist dies bereits geschehen.
Corona endet nicht mit dem Tod. Für Bestatter fängt die Arbeit dann erst an. Nicht nur wegfallende Trauerfeiern stellen sie vor neue Herausforderungen. In der vergangenen Woche hat das Robert-Koch-Institut neue Empfehlungen herausgegeben, wie mit Covid-19-Verstorbenen umzugehen ist. Umbettungen sollen vermieden werden, Hauben, Handschuhe, Kittel, Atemmaske und Schutzbrillen sollen die Bestatter vor Infektionen schützen. Denn von Luftbewegungen des Verstorbenen kann eine Gefahr ausgehen. An sich sind die Empfehlungen nichts Ungewöhnliches. „Verstorbene sind immer so zu behandeln, als wären sie hoch infektiös“, berichtet der Geschäftsführer des Bestatterverbands Nordrhein-Westfalen, Christian Jäger. Denn ob ein Verstorbener Hepatitis oder sonstige Krankheiten habe, können man nie wissen. „Jeder Verstorbene, auch Unfalltote, wird nur mit Schutzausrüstung versorgt“, sagt Jäger.
Doch die Schutzausrüstung wird knapp. „Normalerweise sind Handschuhe oder Masken Pfennigartikel“, sagt Jäger. Erste Probleme, Nachschub zu bekommen, traten im Februar auf. Große Vorräte haben die meisten Bestatter nicht. Abgesehen von fehlenden Lagerkapazitäten sei es auch „völlig unüblich“, solche Artikel einzulagern, meint Jäger. Medienberichten zufolge hat ein Bestatter in Hannover bereits Kurzarbeit angemeldet, da er über keine Schutzkleidung mehr verfüge. Soweit ist es in NRW zwar noch nicht, dennoch ist die Situation ungewiss, die Preise horrend.
Victoria Frankenheim, Geschäftsführerin eines Bestattungsunternehmens in Düsseldorf, kann das nur bestätigen. „Ich habe den Eindruck, dass die Preise gewürfelt werden“, sagt die junge Bestatterin. Während ihr vor einer Woche noch ein Liter Desinfektionsmittel für zehn Euro angeboten worden sei, würde dieser jetzt bereits 23 Euro kosten. Das führt zu einem anderen Problem: Die Kanister müssen in Sprühflaschen umgefüllt werden, welche jedoch überall ausverkauft seien. „Wir wissen nicht, wann wir etwas geliefert bekommen und erst recht nicht zu welchem Preis.“ Deshalb fordert sie, dass die Bestatter als systemrelevant, wie beispielsweise in Bayern und Baden-Württemberg, eingestuft werden. So könnten Versorgungsmaterialien vorrangig bezogen werden. „Wir wissen nicht, was auf uns zukommt. Wenn man die Bilder aus anderen Ländern sieht, hofft man, dass der Kelch an uns vorübergeht“, sagt Frankenheim.
Bei sprunghaftem Anstieg reichen Materielien nicht aus
Stefano Bähr, Bestatter aus Wuppertal, hat noch Masken, Handschuhe und Kittel erwerben können. Wenn auch nicht zum gewohnten Preis. „Wir haben letzte Woche für teures Geld Schutzkleidung gekauft“, sagt Bähr. „Für mich ist die Gesundheit das Allerwichtigste. Ohne Schutzkleidung geht nichts.“ Wie lange der Vorrat reicht, kann er nicht sagen.
Auf einen sprunghaften Anstieg der Todeszahlen haben sich die Bestatter vorbereitet. „Wir haben eine Bestandsabfrage durchgeführt, wie viele Kühlkapazitäten vorhanden sind und wie viele Kräfte zur Abholung der Verstorbenen bereit stehen“, berichtet Christian Jäger. Zudem habe der Bestatterverband den Gesundheitsämtern einen Ansprechpartner vermittelt, der die Abholung mehrere Verstorbener organisieren soll.
Einhellig fordern der NRW-Landesverband und der Bundesverband, das Bestatterhandwerk als systemrelevant einzustufen. „Für den Fall, dass es zu einem Anstieg der Sterbefälle käme, ist bereits jetzt absehbar, dass dann nicht ausreichend Materialien zur Verfügung stünden“, sagt Stephan Neuser, Generalsekretär des Bundesverbands deutscher Bestatter. „Der Bestatter führt eine Tätigkeit durch, die der Erhaltung der Bevölkerungsgesundheit dient“, sagt Neuser. Deshalb sei staatliche Unterstützung notwendig. Er beklagt, dass Bestatter, Krematorien und Friedhofsmitarbeiter in den Überlegungen der Länder und des Bundes „schlichtweg vergessen“ wurden.
Die Corona-Pandemie stellt die Bestatter nicht nur vor materielle Herausforderungen. Als „sehr schlimm“ bezeichnet Generalsekretär Neuser die Einschränkungen der Trauerfeiern und die fehlende persönliche Begleitung. Auch der Abschied am offenen Sarg ist bei einem Corona-Verstorbenen nicht gestattet.