Ausstellung: Von Konrad A. bis Jackie O.
Retrospektive auf den Bildjournalisten Max Scheler im Erholungshaus in Leverkusen.
Leverkusen. Bayer Kultur widmet eine Ausstellung dem Fotografen Max Scheler, der seines Zeichens einer der einflussreichsten Bildjournalisten der internationalen Fotoszene der Nachkriegszeit war. In den 50er-Jahren gehörte er zur legendären Bildagentur Magnum und prägte in den 60er-Jahren das Erscheinungsbild des Stern. Die Ausstellung „Von Konrad A. bis Jackie O.“ zeigt mit 150 Werken in einem Querschnitt Höhepunkte aus Schelers fotografischem Nachlass: Deutschlandreportagen vom Wirtschaftswunder zum geteilten Land, frühe Reisen ins maoistische China sowie die USA zwischen Kennedy und Nixon. Die historisch wie fotografisch faszinierende Retrospektive ist bis zum 28. Januar im Erholungshaus zu sehen. Neben der Möglichkeit, individuell durch die Ausstellung zu gehen, werden Führungen angeboten.
Max Scheler wurde 1928 in Köln als Sohn des gleichnamigen Philosophen geboren. 1941 floh er mit seiner Mutter nach München. Dort wurde er schon während seines Studiums von dem renommierten Fotografen Herbert List gefördert und ausgebildet. Seine selbstständigen Arbeiten führten 1952 zur Berufung zum Junior Mitglied bei der legendären Bildagentur Magnum. Scheler arbeitete zunächst von Rom aus als freier Bildjournalist für die großen internationalen Magazine Picture Post (London), Paris Match (Paris), Look (New York) und die Münchner Illustrierte. 1959 ging er nach Hamburg und prägte dort zusammen mit Stefan Moses, Thomas Höpker und Robert Lebeck das Erscheinungsbild des Magazins stern. Seine Reportagen führten ihn in den folgenden zwei Jahrzehnten um die halbe Welt, bevor er seine aktive Karriere als Fotograf beendete und ab 1980 als Bildchef die Magazine Geo und später Merian prägte. Scheler starb 2003 in Hamburg.
Von Konrad Adenauer bis Jackie Onassis (als sie noch Jackie Kennedy hieß) — so lassen sich die Spannweite des Themenfeldes und die Epoche des fotografischen Werks von Scheler abstecken. Dieser entwickelte sich in dieser Zeit zu einem reisenden Bildberichterstatter für die internationale Presse. Überall in Europa war eine neue Fotografengeneration unterwegs, die seit den 50er-Jahren dem Zeitgeist eines „human interest“ nachspürte. In einer Art Rückbesinnung auf die „Street Photography“ der 30er-Jahre konzentrierten sich die Fotografen nach Kriegsende wieder auf den Menschen.
Die Ausstellung im Erholungshaus widmet sich drei repräsentativen Schauplätzen der Geschichte: Deutschland, den USA und China. Während Schelers Bilder aus Deutschland das Wirtschaftswunder und dessen Kehrseite, den politischen Aufbruch und die Teilung Deutschlands dokumentieren, berichten seine Aufnahmen aus China vom Mao-Kult und ideologischen Umbruch. Die USA begegnen dem Betrachter in den Arbeiten von Scheler als widersprüchliches Land: Aus den USA berichtete er für den Stern über Armut und Reichtum, die Bigotterie der Weißen und den Stolz der Schwarzen, den hegemonialen Anspruch der Militärmacht und die vergessenen Indianer in den Reservaten.
Zuhause in Deutschland entwickelte Scheler parallel einen kritischen Blick: Seine Bilder zeigen weniger die Verheißungen eines wirtschaftlichen Aufschwungs als vielmehr die harte Arbeit der Werktätigen, in den Stahlwerken im Ruhrgebiet oder den Bergwerken im Saarland. Gleichzeitig verraten skurrile Situationen, etwa beim Aufbau der Schaustellerbuden auf dem Münchner Oktoberfest, den subtilen Humor und die verhaltene Lebenslust Schelers. Scheler reist mehrmals in die DDR und begleitet die politische Entwicklung von Konrad Adenauer bis Helmut Schmidt in der BRD. Max Schelers vielschichtige Bilder aus den 1950er- und 1960er-Jahren zeigen historische Ereignisse und bekannte Persönlichkeiten ebenso wie ganz alltägliche Momente des Lebens.
Der Blick auf Schelers Bildwelt ist gleichbedeutend mit der verblassenden Erinnerung an das 20. Jahrhundert. Scheler hat einen wesentlichen Teil zu einer visuellen Geschichtsschreibung beigetragen und ein Werk hinterlassen, das zu den bedeutendsten der Nachkriegszeit gehört.
Service: Die Ausstellung läuft bis zum 18. Januar in Erholungshaus in Leverkusen. Öffnungszeiten: Sa, So und feiertags von 11-17 Uhr sowie vor Veranstaltungen im Erholungshaus. Führungen: jeden 1. und 3. So im Monat, jeweils 11.15 Uhr. Zur Ausstellung ist eine Monografie im Schirmer/Mosel Verlag, München, mit Texten von Ulrich Pohlman, Matthias Harder und Peer-Olaf Richter erschienen.