Bio-Betrieb: Die Frauen steigen mit ein
Die Charolais-Zucht Jörgens in Leie befindet sich zurzeit in der Umstellung auf einen biologischen Kreislauf. Tochter Lena steigt im Mai bei ihrem Vater Wilfried in eine GbR ein. Und die Töchter Sina und Nina starten dort bald ihre Ausbildung.
Burscheid. „Eigentlich“, so erzählt Dr. Wilfried Jörgens, der vielen womöglich bekannter ist als Tierarzt denn als Züchter in Burscheid, „sind wir längst ein Biobetrieb und bieten schon heute eine Rinderhaltung, die besser ist, als das, was in den Auflagen gefordert wird“. Seit über zwei Jahren werde schon nicht mehr auf der 40 Hektar großen Weidefläche gedüngt. Statt Stickstoff, der früher in einer Größenordnung von zwei Tonnen auf die Weide gebracht worden sei, sorge nun Klee für das Wachstum im Boden.
Und schon länger würden die Charolais-Rinder eine Freiheit im dem Stall genießen, die weitaus größer ist, als per Bio-Auflage gefordert: 20 statt zwölf Quadratmeter hätten die Tiere auf dem Hof in Leie. Und einen Strick würden sie auch dann nicht kennen, wenn es zur Schlachtung gehe. Obwohl dieser gefordert werde. Den Veterinär des Kreises habe Wilfried Jörgens aber überzeugt, dass die Tiere so bis zum letzten Atemzug ohne Stress seien. Freilich nur, wenn auch der Schlachtbetrieb sein Handwerk verstehe.
Dass es trotz einer möglichst natürlichen und tiergerechten Haltung jetzt dennoch um das begehrte Bio-Label gehe, habe mehrere Gründe, wie der Tierarzt erklärt. Zum einen einen wirtschaftlichen: „Wir möchten mit möglichst geringem Aufwand den größten Nutzen erzielen.“ Bei einem Bestand von etwa 60 Tieren müsse jetzt nichts mehr hinzugekauft werden. Zum anderen habe Tochter Lena ihren Einstieg in den Betrieb erklärt und werde mit ihrem Vater ab Mai eine GbR führen. „Sie macht das aber nur unter der Voraussetzung, dass die Direktvermarktung im Hochpreissegment stattfindet.“ Etwa 50 Cent mehr bringe das Kilogramm Rindfleisch als Bioprodukt. Auch mit dem Verkauf eines Zuchtbullen könne man mehr als im konventionellen Betrieb verdienen.
Doch was wie eine kühl kalkulierte Wirtschaftlichkeitsrechnung mit Gewinnmaximierung daherkommt, hat für die 23-Jährige eine andere Bedeutung. „Die Tiere machen mir sehr viel Spaß und fühlen sich hier wohl.“ Zudem würden die Rinder auf dem Hof der Familie Jörgens sehr viel älter werden als in anderen Betrieben. Zwölf Jahre seien schon mal der Fall — statt im Durchschnitt fünf in der Rinderhaltung. „Und wenn sie geschlachtet werden, weiß ich genau was passiert. Wir geben die Tiere bis zum Schluss nicht aus der Hand“, sagt die gelernte Krankenschwester, die trotz ihres neuen wirtschaftlichen Standbeins im Krankenhaus Wermelskirchen tätig bleiben möchte.
Im August des kommenden Jahres werden auch ihre Schwestern Sina und Nina Jörgens in den Familienbetrieb in Leie einsteigen. Die beiden 15-Jährigen machen dann eine Ausbildung zur Landwirtin. Nina sieht dort auch ihre Zukunft, Sina möchte eventuell noch studieren.