Hilgener Schützenverein Zielen will auch beim Jux-Schießen gelernt sein
Burscheid · Am Freitag durfte bei den Hilgener Schützen jeder sein Glück am Schießstand versuchen - auch unsere Autorin.
Es scheint total einfach zu sein: „Das ist die Scheibe. Die schwarzen Felder bringen Minuspunkte. Besser wären die gelben oder am besten hier die rote Zehn.“ Ralf Gottermann zeigt mir das bunte Blatt Papier, das von mir durchlöchert werden soll.
Es ist die Karnevalsversion für den Schützenverein. Nein, das Clownsgesicht zu treffen, bringt keine Extrapunkte. „Das wäre ja zu einfach“, sagt Ralf Gottermann, als er erklärt, wie das etwa fünf Kilo schwere Luftgewehr denn gehalten werden muss - im Grunde gar nicht. Auf einer in der Höhe verstellbare Ablage ruht der Lauf der Waffe. De Hand oben auf dem kalten Metall ist nur dafür da, das Zittern abzumildern. Trotz dicken Winterpullovers ist es ganz schön kalt im Keller des Hilgener Schützenhauses.
Ralf Gottermann zieht seinen Schal fester an den Hals und erwartet meinen ersten Versuch am Luftgewehr. Mit einem Knopfdruck rauscht die Scheibe zehn Meter von mir weg. Ich bringe mich in Stellung, vielleicht auch ein bisschen überheblich. Der Zeigefinger berührt schon sanft den Abzug, als ich das Ziel ins Visier nehmen will. Mit zugekniffenen Augen blicke ich durch das millimetergroße Loch und sehe - nichts.
Einen schwarzen Farbklecks auf einem Quadrat, das kann ich ausmachen. Aber kein Clownsgesicht, keine Ringe, keine roten Kreise und erst recht keine Zehn. „Wie soll ich da Bitteschön was treffen?“, frage ich mich, während Gabriele Aßmann neben mir ein Diabolo nach dem anderen abfeuert. „Ich will gleich auf die Zehn gehen“, sagt sie vor ihrem ersten Schuss, der die Höchstpunktzahl tatsächlich nur knapp verfehlt.
Gar nicht so leicht, die Scheibe zu treffen
Jetzt stehe ich etwas unter Druck. Mein Minimalziel: Hauptsache irgendwas treffen. Meine linke Hand hält den Lauf, die andere hat als Aufgabe das Feuern. Ein leichter Druck vom Zeigefinger genügt und das Geschoss schnellt mit einem Zischen davon. Einen schwarzen Ring hat es erwischt. „Zwei Minuspunkte“, sagt Ralf Gottermann noch, bevor er mir rät, in welche Richtung ich das Gewehr denn besser führen sollte.
Nudelsalat und Leberkäs für die Gäste
Etliche Pokale stehen auf den Schränken oben im Schützenhaus. Der Raum gleicht einer Ruhmeshalle. Nicht nur ich stehe verloren im Saal. „Wir haben heute viele Gäste. Wie immer beim Juxschießen“, sagt Ludwig Nutz im Vorbeigehen. Das Vorstandsmitglied des Hilgener Schützenvereins muss sich um die Bewirtung kümmern. Mit Nudelsalat, Leberkäse und Bier im Magen soll es sich besser schießen.
Eine mir wildfremde Frau klopft mir auf die Schulter. Sie scheint mich umarmen zu wollen. „Hallo! Wie geht es dir?“, fragt sie mich. Als Großstädter schaue ich etwas irritiert drein bei dieser überschwänglichen Begrüßung. So ein Schützenverein sei eine große Familie, sagt mir mein Gegenüber. Sie selbst habe das Schützenwesen mitgeheiratet, als sie ihrem Mann vor fast 50 Jahren das Ja-Wort gab.
„Wir teilen alle in vier Gruppen ein: Jungschützen, Gäste, Damen und aktive Schützen. Später gibt es eine Siegerehrung.“ Der stellvertretende Vorsitzende verschafft sich im Saal kurz einen Überblick. Der Hauptpreis ist ein Frühstückskorb mit Alkohol, Wurst und Kaffee. Insgesamt zählte der Verein 118 Starts.