Flughafen „Der Frachtbetrieb erwies sich als unsere Lebensversicherung“

Köln · Das laufende Geschäftsjahr ist zur Hälfte vorbei – und der Flughafen Köln/Bonn zieht eine erste Bilanz in diesen ganz besonderen Zeiten. Eigentlich hatte der Flughafen für 2020 andere Pläne. Die finanzielle Basis des Unternehmens sollte mit Hilfe eines 2019 auf den Weg gebrachten, unternehmensweiten Programms zur Verbesserung des Ergebnisses gestärkt werden.

Nachdem das Geschäftsjahr 2020 gut begann, musste der Flughafen anschließend durch die Corona-Krise herbe Verluste einstecken.

Foto: dpa/Oliver Berg

Anfang des Jahres zeigten sich hier deutliche Erfolge – doch dann kam Corona. „2020 sollte ein gutes Jahr für den Flughafen werden. Stattdessen hatten wir es mit dem fast vollständigen Erliegen des Passagierbetriebs, verlassenen Terminals, verwaisten Parkhäusern und leeren Anzeigetafeln zu tun“, sagt Johan Vanneste, Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafen Köln/Bonn GmbH.

Frachtbetrieb lief
trotz Corona weiter

Während der bisher beispiellosen, weltweiten Krise erwies sich der Frachtbetrieb als Lebensversicherung des Flughafens – er lief unter Volllast. Das belegt auch die Statistik: Laut Eurocontrol gehörte Köln/Bonn während der Corona-Krise zur Top 10 der verkehrsreichsten Flughäfen in Europa.

Langsam kehrt nun auch das Leben in die Terminals zurück. „Nach einem fast viermonatigen Ausnahmezustand blicken wir vorsichtig optimistisch in die nahe Zukunft, in der vergangenen Woche begann der sukzessive Neustart des Passagierverkehrs. Zahlreiche Sonnenziele und auch Businessstrecken werden im Sommer wieder ab Köln/Bonn erreichbar sein“, sagt Vanneste.

Bereits 2019 war für den Flughafen ein schwieriges Jahr. Der Abzug der Eurowings-Langstrecken sowie der Weggang von Condor und Norwegian führte zu Passagierrückgängen. Am Ende des Jahres zählte der Flughafen 12,4 Millionen Fluggäste (minus fünf Prozent). Auch in der Fracht waren die Zahlen rückläufig, 815.000 Tonnen Waren und Güter wurden in Köln/Bonn umgeschlagen. Grund dafür war unter anderem die angespannte Weltwirtschaftslage.

Mit einem Ergebnis von minus 19,3 Millionen Euro schloss der Flughafen das Geschäftsjahr ab. Grund für das hohe Minus im Ergebnis waren zudem erhebliche Zusatzkosten. Dazu zählten alleine zehn Millionen Euro zur strukturellen Reduzierung der Personalkosten mittels Altersteilzeit und Vorruhestand. So wurden 2019 die Weichen für einen wirtschaftlichen Aufwärtstrend gestellt: Ein umfangreiches Programm zur Ergebnisverbesserung wurde auf den Weg gebracht, um die wirtschaftliche Zukunft des Flughafens dauerhaft zu sichern.

Des Weiteren wurden Prüfungs-, Beratungs- und Reisekosten reduziert sowie Mieten und Entgelte erhöht. Positiv ging es auch weiter: Der wirtschaftliche Start in 2020 gelang, die Verkehrszahlen in Fracht und Passage waren gut. Kosteneinsparungen und ein Umsatzplus führten dazu, dass der Flughafen im Januar und Februar mit vier Millionen Euro besser unterwegs war als geplant. „Wir haben im vergangenen Jahr alles dafür getan, das Unternehmen wieder auf einen wirtschaftlichen Kurs zu bringen. Das tat an einigen Stellen weh und war unbequem. Doch es hat sich gezeigt: Wir waren auf dem richtigen Weg, unsere Anstrengungen funktionieren. Das sollte uns optimistisch stimmen und uns motivieren, diesen Weg nach der Corona-Krise weiter zu beschreiten“, sagt Torsten Schrank, Geschäftsführer der Flughafen Köln/Bonn GmbH.

Doch dann kam Corona. Die positive Entwicklung wurde gestoppt – Ende Februar traf den Flughafen die Krise mit voller Wucht. Während der Flughafen kontinuierlich umfangreiche Maßnahmen einführte, um das Infektionsrisiko für Fluggäste und Mitarbeiter auf ein Minimum zu reduzieren, kam der Passagierbetrieb ab Mitte März fast vollständig zum Erliegen. Im April und Mai, die von der Corona-Krise voll betroffen waren, reisten gerade einmal 11.000 Passagiere über Köln/Bonn. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 2,1 Millionen.

Während der Passagierbetrieb also nahezu am Boden lag, bewies sich die Relevanz des zweiten Standbeins: Der Frachtbetrieb lief in Köln/Bonn auch während der Krisenzeit auf Hochtouren. 9700 Cargo-Flüge mit einer Gesamttonnage von rund 240.000 Tonnen wurden seit Beginn der Krise am Flughafen abgefertigt. Die Zahl der wöchentlichen Flugbewegungen lag zeitweise über 15 Prozent über dem Wert des Vorjahres – und zugleich deutlich über den Werten anderer deutscher Luftfrachtflughäfen.

26 Airlines führten diese Flüge durch, darunter einige, die den Flughafen sonst nicht anfliegen. So nahmen zeitweise etwa Cargolux oder Emirates Köln/Bonn in ihre Flugpläne auf. Einen großen Teil der Ladung machten in dieser Zeit medizinische Güter, persönliche Schutzausrüstungen wie Masken und Handschuhe sowie frische Lebensmittel aus. „Unser Flughafen hat in den vergangenen Wochen seine große Bedeutsamkeit als unverzichtbare Drehscheibe in Europa sowie als unmittelbarer Versorger der Region herausgestellt“, sagt Johan Vanneste.

Mit Lockerung der Reisebeschränkungen nehmen seit dem 15. Juni zahlreiche Airlines sukzessive wieder mehr Ziele in ihre Flugpläne auf. Angeboten werden erste Sonnenziele wie etwa Spanien, Kroatien, Bulgarien, Portugal und Griechenland, aber auch innerdeutsche Strecken nach Berlin, Hamburg und München. Der Neustart läuft zunächst langsam an: Sind es aktuell noch etwa 250 Starts und Landungen pro Woche, steigt der Betrieb zum Beginn der Sommerferien Anfang Juli laut zaghafter Prognose sprunghaft an. Möglich sind in der schulfreien Zeit dann bis zu 150 Passagierflüge pro Tag.

Und auch das Programm wird immer größer: Angeboten werden in den Ferien bereits unter anderem wieder Flüge in die Türkei, nach Spanien, Griechenland, Italien, Ägypten und Portugal sowie nach Kroatien und Bulgarien. Nach wie vor ist die Lage sehr dynamisch und abhängig von jeweiligen Einreisebeschränkungen. Zum Start der Sommerferien öffnen zudem auch die Shops in Terminal 1 wieder.

Einsparungen
durch Kurzarbeit

Doch der brummende Frachtbetrieb alleine und der leicht optimistische Ausblick auf den Sommer reichen nicht aus, um den Flughafen durch die Corona-Krise zu bringen. Verschiedene Maßnahmen waren und sind nötig, um die negativen wirtschaftlichen Effekte der Krise zumindest abzufedern: So führte der Flughafen Anfang April die Kurzarbeit für einen Großteil der Belegschaft ein. Zudem wurden unter anderem ein Einstellungs- und Ausgabestopp verhängt. Durch die Maßnahmen will der Flughafen rund 50 Millionen Euro einsparen. Am Ende des Jahres rechnet das Unternehmen nach aktuellen Prognosen mit Corona-bedingten Umsatzverlusten in Höhe von über 100 Millionen Euro.

In Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Situation des Flughafens beabsichtigt die Geschäftsführung gemeinsam mit dem Betriebsrat und den Tarifpartnern die Ausarbeitung eines Beschäftigungspaktes. „Ziel ist es, auch in Zeiten dieses wirtschaftlichen Ausnahmezustands die Arbeitsplätze für unsere Mitarbeiter aufrechtzuerhalten und betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Wir müssen diese Krise alle gemeinsam bewältigen“, sagt Vanneste.

An der Zukunft wird in Köln/Bonn trotz Corona gearbeitet: Die Bauarbeiten zum neuen Moxy-Hotel direkt vor dem Terminal schreiten zügig voran. Der Rohbau steht kurz vor dem Abschluss, als nächstes stehen Arbeiten an der Fassade und der Innenausbau an. Die Inbetriebnahme ist für das zweite Quartal 2021 geplant. Mitten in der Krise erhielt der Flughafen zudem eine gute Nachricht: Bei der Vergabe der „Skytrax World Airport Awards“ erzielt er in der Kategorie „Best Regional Airport Europe“ den zweiten Platz. Im weltweiten Vergleich der Regional-Flughäfen belegt Köln/Bonn Platz drei.