Der neue Chef der „Kiosk-Partei“
Der frühere Megaphonleiter Manfred Zenses hat den Kiosk am Märchenwald in Altenberg gepachtet.
Altenberg/Burscheid. Mit seiner Kundschaft steht er natürlich längst wieder auf Du. „Das sind hauptsächlich Biker. Und die anderen haben sich daran gewöhnt“, sagt Manfred Zenses. Der 65-Jährige blickt dabei über den Verkaufstresen des Kiosks auf die Einfahrt zum Märchenwald-Parkplatz in Altenberg. Das ist sein neues Reich. Seit Mai ist er hier Pächter.
39 Jahre hatte er das Burscheider Jugendzentrum Megaphon geleitet, ein Jahr war er Rentner. Aber immer nur mit seinem Wolf durch die Wälder um seinen entlegenen Wohnsitz bei Maria in der Aue zu ziehen, war ihm zu wenig. „Ich bin meiner Frau Ute zu Hause schon ziemlich auf die Nerven gegangen, weil ich mich ständig in ihr Management eingemischt habe.“
Dann führte einer dieser Spaziergänge im vergangenen Winter zu Wilhelmine Mayer, der Inhaberin des Märchenwalds. „Sach’ mal, was ist eigentlich mit eurem Kiosk da unten am Parkplatz? Der steht doch schon so lange leer“ — irgend so ein Zenses-Satz wird es gewesen sein. Und dann noch einer zu Hause: „Ute, was hältst du davon?“ Seither hat Zenses eine neue Aufgabe.
Verrückt genug ist er dafür. „Auch wenn ich nicht nachhaltig genug bedacht habe, dass es dabei um jeden Tag geht.“ Montags bis sonntags, 9.30 bis 18 Uhr; wenn die Biker bei Stones-Musik noch ein bisschen abrocken wollen, auch schon mal länger.
Mit seiner Frau wechselt er sich im Kiosk ab. „Ich besorge die Getränke, sie den Rest. Ich mache die niederen Arbeiten, sie die Finanzen“, sagt er und lacht. Vier Jahre läuft der Pachtvertrag, einen Ausstieg nach einem Jahr hat er sich vorbehalten. „Aber nach jetzigem Stand kann ich mir vorstellen, das länger zu machen.“
Bürgermeister Stefan Caplan war schon da, weil er es mit eigenen Augen sehen wollte, auch frühere Kollegen aus der Stadtverwaltung. Und dann natürlich die Odenthaler, die Wanderer, Biker und Märchenwaldbesucher. „Nur tolle Leute.“ Für die Dauerkunden, seine „Kiosk-Partei“, wie er sie nennt, hat er schon einen Stammtisch eingerichtet — mit dem Schild: „Hier sitzen die, die immer hier sitzen.“
Die Megaphon-Erfahrung, so sagt er, komme ihm dabei zugute. „Ich habe da ja früher nächtelang die Theke gemacht.“ Und wenn ein Bus wieder mal eine Gruppe Kinder oder Jugendlicher mit Eishunger ausspuckt, weiß der Sozialarbeiter genau, wie er die Meute bändigt: Erst wird der Betreuer herbeizitiert, dann beauftragt, die Gesamtbestellung auf einem Zettel zu notieren, und schon ist der Stressfaktor am Tresen beseitigt.
Ansonsten genießt es der Neu-Kommunalpolitiker, das Ohr an Volkes Stimme zu haben. Seit der Wahl 2014 sitzt Zenses für die Odenthaler SPD im Gemeinderat. Viele der Kunden wissen das und sprechen ihn an. Zwei Anträge — zu den Serpentinen nach Blecher und dem Zustand der Wanderwege — sind schon aus seinen Kioskgesprächen entstanden.
Aber jetzt ist erst mal eine Currywurst gefordert. „Die beste weit und breit.“ Klar, drunter macht es Zenses nicht.