Die Sanierung lässt auf sich warten

In Hilgen hat die Handwerksbau AG ihre Gebäude modernisiert. In der Pastor-Löh-Straße müssen sich die Mieter noch Jahre gedulden.

Foto: Doro Siewert

Burscheid. In der Reigasse bietet die Handwerksbau Niederrhein AG derzeit Wohnungen an. Die Beschreibung im Internet klingt verlockend: „Die Wohnanlage ist aufwendig modernisiert und wärmegedämmt, die Dächer energetisch erneuert. Die Balkone sind großzügig, geschmackvoll, thermisch getrennt vor die Gebäude gesetzt“, heißt es da. Und die Häuser aus dem Jahr 1959 seien „mit frischen, hellen Farben (...) freundlich gestaltet“. Fotos belegen die Aussagen.

Die Häuserzeilen in der Pastor-Löh-Straße sind auch 1959 fertiggestellt worden. Sie gehören ebenfalls der Handwerksbau AG. Aber von frischen, hellen Farben kann hier nicht die Rede sein, von aufwendiger Modernisierung schon gar nicht. Graubraune Fassaden-Tristesse versprüht DDR-Charme. Seit Jahren warten die Mieter auf eine überfällige Sanierung. Anwohner erzählen, schon öfter seien Jahreszahlen eines angeblichen Baubeginns gehandelt worden. Aber dann sei doch wieder nichts passiert. Als eine Nachbarin der Häuserreihe in der Phase des Kindergarten-Neubaus telefonisch mal nachfragte, erhielt sie die Auskunft: „In diesem Umfeld werden wir nicht investieren.“

Gerda Tschanz kennt das Umfeld und seine Veränderungen so gut wie kaum eine andere. Die 85-Jährige zählte am 1. Mai 1959 mit ihrer Familie zu den ersten Mietern; der zweite Sohn war da gerade 14 Tage alt. In den 57 Jahren des Mietverhältnisses wurde nach ihrer Erinnerung mal das Treppenhaus gestrichen, es gab vor Jahrzehnten neue Fenster, als die alten verfault waren, und eine neue Tür. „Aber das ist lange her.“

Die erste Heizung in der Wohnung hat die Familie noch selbst finanziert, erzählt sie. Den neuen Heizkessel hat dann vor einem Jahr die Handwerksbau AG übernommen und im Gegenzug die Miete erhöht. Aber eine energetische Sanierung ist all die Jahre ausgeblieben. „Die Dächer sind marode.“ Die Häuser bräuchten nach Tschanz’ Einschätzung „eine Sanierung von Grund auf. Aber die Gesellschaft kümmert sich um nichts mehr.“ Die Mieter hätten immer wieder vergeblich darauf gewartet, dass es neue Balkone gebe.

Die 85-Jährige beobachtet schon lange, wie sich die Zusammensetzung der Mietergemeinschaft durch den Zustand der Gebäude verändert — „zu ihren Ungunsten“, wie sie sagt. Die Fluktuation steigt rapide, die Sauberkeit habe ebenso rapide nachgelassen; kaum einer fühle sich noch für etwas verantwortlich. „Aber ich bin tolerant. Ich wechsle mit jedem ein paar Worte.“

Rund 150 ihrer insgesamt 1000 Wohnungen hat die Handwerksbau AG in Burscheid und ein Drittel davon ist nach Aussage von Vorstand Torsten Mischnik saniert. Hoffnungen, dass die beiden anderen Drittel bald folgen werden, macht er nicht: „Unsere Investitionen sind nach Dringlichkeit geordnet. Dieses und nächstes Jahr haben wir unseren Schwerpunkt in Düsseldorf.“ Danach werde man sich irgendwann Burscheid zuwenden. „Aber wir reden dabei über einen mittelfristigen Zeithorizont, keinen kurzfristigen.“

Mischnik gibt unumwunden zu, dass sich eine Sanierung in Burscheid betriebswirtschaftlich nicht so rechnet wie andernorts: „Das Mietsteigerungspotenzial nach der Sanierung ist für einen Investor in Burscheid eher klein.“ Ohnehin müsse im Falle Pastor-Löh-Straße beizeiten eine Kosten-Nutzen-Analyse gemacht werden, ob sich eine Sanierung überhaupt noch lohne oder nicht ein kompletter Neubau die sinnvollere Alternative wäre. Die Grundstücke seien ja schließlich schon vorhanden. „2018 überlegen wir, was wir machen. Und danach werden wir das irgendwann auch tun.“