Direktor: Amtsgericht braucht dringend mehr Richter
Als Folge der Überlastung können auch jugendliche Straftäter oft nicht schnell genug bestraft werden.
Burscheid/Leverkusen. Dass Menschen über zu viel Arbeit klagen, ist nicht selten. Wenn aber der Direktor eines Amtsgerichtes darüber klagt, hat das direkte Auswirkungen auf die Gesellschaft: 16 Richterstellen sind nach einem komplizierten Schlüssel für das — auch für Burscheid zuständige — Amtsgericht Leverkusen als Bedarf errechnet worden. „Aktuell ist nach diesem Schlüssel jeder einzelne Richter mit etwa 120 Prozent belastet“, sagt Hermann-Josef Merzbach. Und das, obwohl für die Berechnung ohnehin fragwürdige durchschnittliche Minutenzahlen zugrunde gelegt werden.
Die Auswirkungen liegen auf der Hand: Die Wartezeiten am Amtsgericht steigen. „Die politische Forderung nach schnellen Verfahren besonders bei jugendlichen Straftätern unterstütze ich voll. Aber dafür brauche ich auch das nötige Personal“, sagt Merzbach, der auch davon spricht, seine Mitarbeiter „auszupressen wie eine Zitrone“. Die Folge: Straffällige Jugendliche müssen oft erst länger als ein Jahr nach ihrer Tat in den Arrest.
Das liegt auch an den stetig steigenden Fallzahlen: Die Zahl der Jugendlichen und Heranwachsenden, die sich im vergangenen Jahr vor dem Schöffengericht verantworten mussten — oft wegen „Abziehens“ —, hat sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt.
Und auch im Familienrecht wird es wird es immer komplizierter und langwieriger. Zu Beginn seiner Karriere 1979 seien etwa zehn bis 20 Prozent der Scheidungen strittig gewesen. „Heute sind es mindestens zwei Drittel.“
Hinzu kommen Fälle, die ständige Bereitschaft erfordern. Besonders an den Weihnachtstagen: „Wenn das Jugendamt an Heiligabend Kinder aus einer Familie holt und die Eltern wollen ihr Kind zurück, müssen wir sofort entscheiden“, erklärt Stefan Müller-Gerbes, stellvertretender Direktor des Amtsgerichts.
Weil sie mit mehr Richterstellen für ihren Bezirk aber zunächst nicht rechnen, versuchen Merzbach und Müller-Gerbes die Abläufe zu optimieren. „Viele Regelungen mit der Polizei funktionieren auf dem kleinen Dienstweg und auch der Kontakt zum Jugendamt ist sehr gut“, so Merzbach. Außerdem würden Schiedsleute sehr gut arbeiten und viel „Nachbarschafts-Mist“ von den Zivilgerichten fernhalten.