Buchtipp Eugen Coubillier: Fotograf von Köln

Köln · Eugen Coubillier war ein der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts einer der bekanntesten und besten Fotografen Köln. Er reiht sich in die Reihe von Größen wie August Sander, Hugo Schmölz oder Werner Mantz ein.

Blick von der Deutzer Brücke auf die Altstadt um 1925.

Foto: Greven/Eugen Coubillier

Allerdings sind sein Name und sein Werk anders als bei den berühmten Kollegen mittlerweile in Vergessenheit geraten. Das wollen Autor Walter Filz und Fotohistoriker Wolfgang Vollmer mit ihrer im Greven-Verlag erschienene Monografie jetzt ändern.

Coubillier wird 1873 im lothringischen Städtchen Vaucouleurs an der Maas geboren. Sechs Jahre später zieht seine zwangseingedeutschte Familie mit ihren sechs Kindern nach Trier um, wo beide Eltern 1888 sterben. Im selben Jahr kommt Coubillier nach Köln, wo sein Bruder Bildhauerei studiert. 1890 beginnt er in Deutz seine Lehre beim Fotografen Carl Scholz, wo Coubillier um 1900 sein Diplom verliehen bekommt. Im damaligen Adressbuch der Stadt findet sich der junge Kölner unweit seines Arbeitgebers wohnend unter der Berufsbezeichnung „Maler“ wieder.

Fotografen orientieren
sich an den Impressionisten

Die Nähe zur Kunst verdankt die Fotografie in dieser Zeit dem Fortschritt der Technik, die deutlich kürzere Belichtungszeiten ermöglicht. Damit ist Fotografieren handwerklich eigentlich kein Problem mehr - unscharfe Bilder sind nahezu ausgeschlossen. Wer dennoch mit Unschärfe arbeitet, nutzt diese als künstlerisches Ausdrucksmittel - Vorbilder gibt es in der zeitgenössischen Malerei des Impressionismus.

Unterstützt wird dies auch durch die innovative Technik des Gummidrucks, die Coubillier nutzt, um bemerkenswerte Köln-Bilder zu schaffen, die sich deutlich am Impressionismus orientieren. Das wird beim Blick des Fotografen durch das enge Gässchen Auf dem Rothenberg in Richtung der Kirche Groß St. Martin oder bei einer Ansicht der Altstadt vom Rhein aus deutlich. Wobei der Fotograf sein Bild regelrecht komponiert und ihm so eine gewisse Dynamik verleiht.

Zu sehen sind im neuen Bildband Aufnahmen, die zeigen, wie Köln vor dem Krieg aussah und wie es sich in den 1920er Jahren rasant veränderte. Das gilt zum Beispiel für den Neubau der Messe unter OB Konrad Adenauer in Deutz, das Panoramarestaurant Bastei direkt am Rhein oder das Hansa-Hochhaus, das im Stil des Backsteinexpressionismus kurzzeitig der höchste Wolkenkratzer in Europa war.

Coubillier lässt sich davon nicht beeindrucken. Sein Stil ist sachlich, gelassen, geradeaus und auf Augenhöhe. „Er sieht das, was damals jedermann sehen konnte.“ So wirkt das Hansa-Hochhaus eher „wie ein behäbiger, harmloser Riese, der sich inmitten von umgebenden Bauten und Bäumen niedergelassen hat“. Fast alle Bilder wurden in der Nähe der Ringe und in der Innenstadt aufgenommen, die Veedel finden nur sehr selten eine Berücksichtigung beim Fotografen.

Eines der zentralen Motive sind für Coubillier aber die Menschen in seiner Stadt. Die Porträts haben für den bekannten Kölner Fotografen, der ab 1906 in einem repräsentativen Wohnhaus am Hohenstaufenring lebt und arbeitet, eine zentrale Bedeutung. Sein Atelier ist meist ausgebucht, Zeit für seine Stadtrundgänge mit der großen Plattenkamera hat er jetzt nur noch am Wochenende - oft an den Sonntagen.

Porträts mit einer sensiblen Zurückgenommenheit

Porträtiert werden die geistig und finanziell bessergestellten Bildungsbürger, die sich so präsentieren, wie sie sind oder wie sie sein wollen. Coubilliers Porträts zeichnen sich durch eine „sensible Zurückgenommenheit aus, wie sie sich nur bei wenigen seiner Kollegen findet. Auf eine äußerst subtile Weise sind sie persönlich und privat und wirken zugleich ihrer Zeit enthoben.“ Der gestalterische Fokus der Aufnahmen liegt auf dem Gesicht.

Zu sehen sind auch zahlreiche prominente Persönlichkeiten der Stadtgesellschaft wie Oberbürgermeister Konrad Adenauer, der in Coubillier seinen Lieblingslichtbildner entdeckte. Unter den Porträtierten finden sich aber auch Opernsängerinnen, Erzbischöfe und andere bekannte Bürgerinnen und Bürger aus Köln. Coubillier ist ein ebenfalls angesehener Bürger, er nimmt an Wettbewerben teil, gewinnt Preise und stellt aus.

In der Porträtfotografie spezialisiert sich Coubillier im Laufe der Jahre auf Kinder - „quirlige Pänz in einer behäbig alten Stadt“. Während seine Stadtansichten statische Bilder einer abgeschlossenen Vergangenheit sind, wirken seine Kinderbilder verblüffend gegenwärtig und lebendig. „Die jüngsten Kölnerinnen und Kölner ihrer Zeit“. Gegenwärtig wirken die Porträts vor allem wegen „ihrer völlig uninszenierten wirkenden, natürlichen Lebhaftigkeit“.

„Coubillier stirbt zu früh,
um gewürdigt zu werden“

In der NS-Zeit beenden die Nazis auch in Köln die Moderne. Coubilliers Umsatz bricht ein. Nur noch ambitionslose, sachliche Porträts finden sich bei ihm aus dieser Zeit. 1942 wird sein Wohnhaus beim sogenannten „1000-Bomber-Angriff“ komplett zerstört und damit auch sein gesamtes Archiv vernichtet. Coubillier stirbt 1947 mit 73-Jahren. „Zu früh, um erinnert zu werden, zu früh, um gewürdigt zu werden. Zu früh, um überhaupt wahrgenommen zu werden - als einer der bedeutendsten Kölner Fotograf des 20. Jahrhunderts“, schreibt Autor Walter Filz.

Walter Filz/Wolfgang Vollmer: Eugen Coubillier - Fotograf von Köln 1906 -1943, Greven-Verlag, 144 Seiten, 30 Euro