Bürgerstammtisch Ein Fallschirmspringer mit Höhenangst
Rolf Brombach aus Hilgen ist schon 14 000 mal aus einem Flugzeug gesprungen.
Burscheid. Er ist der wohl schnellste Burscheider ohne Motor — den braucht er nur, um auf die Absprunghöhe geflogen zu werden. Rolf Brombach (61) ist Lehrer für Fallschirm-Sprung und Wingsuit Instructor. Wingsuits, das sind die Flügelanzüge, mit denen Fallschirmspringer weite Strecken in der Luft zurücklegen können. Brombachs vielleicht schönster Trip mit dem Flügelanzug: Er ist von der dänischen Insel Römö bis nach Sylt geflogen. „Mit Schwimmweste, aber die habe ich zum Glück nicht gebraucht“, sagt er.
Beinahe hätte er es nicht zum Bürgerstammtisch im Burscheider Jugendzentrum Megafon am Montagabend geschafft. Ein unaufmerksamer Autofahrer auf einer brandenburgischen Landstraße wäre ihm fast zum Verhängnis geworden. „Unser Sport ist da wesentliche sicherer. Gegenverkehr ist bei uns äußerst selten“, sagt der Mann, der schon 14 000 mal aus einem Flugzeug gesprungen ist. Und der nicht schwindelfrei ist, wie er beim Fototermin auf dem Dach des Jugendzentrums zugibt. Wie das mit seinem Beruf zusammengeht? „Wenn man aus 4000 Metern Höhe springt, sieht man den Boden nicht näher kommen.
Das er überhaupt zum professionellen Fallschirmspringer wurde, hat etwas mit einem frühen Karriereknick zu tun. Als junger Mann quittierte er den Polizeidienst, als man ihn — verletzungsbedingt — für den Rest seines Berufslebens in den Innendienst versetzen wollte. Brombach zog die Konsequenz und tauschte das „kleine Büro gegen das ganz Große“. Eine offenbar richtige Entscheidung.
„Mein Sport hat mich seitdem ganz schön durch die Welt getragen“, sagt der Hilgener. Und ihn jung gehalten. Brombach ist zwar in einem Alter, in dem andere sich langsam auf die Rente vorbereiten, aber wenn er von seinem Sport erzählt, hat er eine Ausstrahlung wie ein 14-jähriger Junge, der auf dem Fußballplatz dem Ball hinterherjagt. Zu alt zum Springen ist man eigentlich nie. Brombachs ältester Schüler war 77 Jahre bei seinem ersten Sprung.
Eigentlich müsste es Fallschirmspringen auf Krankenschein geben, findet er und erzählt die Geschichten von dem Mann, der monatelang um das Trainingsgelände in Österreich herumgeschlichen ist — ein höchst depressiver Mensch, der das Fallschirmspringen lernen wollte, sich aber nicht traute.
Seine Vereinsmitglieder warnten Brombach: „Der sucht nur nach einer Möglichkeit, sich umzubringen“. Aber das Gegenteil war der Fall, er suchte nach einem — positiven — Ausweg aus seiner Krankheit. Brombach schenkte ihm Vertrauen und behielt recht. Heute ist der Mann geheilt und — Fallschirmausbilder.
„Ich kann nur jedem empfehlen, es einmal auszuprobieren“, sagt Brombach. „Man lernt dabei unheimlich viel über sich.“ Für diejenigen, die das Gefühl des Fliegens erleben wollen, ohne dabei aus einem Flugzeug zu springen.
In Bottrop steht ein Windtunnel, in dem man von einer Windturbine in die Höhe gehoben wird und das Fliegen simulieren kann. Und betreutes Fallen, also Tandemsprünge mit einem Begleiter im Geschirr, gibt es bei verschiedenen Fallschirmsprung-Vereinen in der Region ab 190 Euro.