Austausch unter einem Dach Ein Ort für Ideen in Berringhausen
Burscheid · Unter dem Titel „Nowpow“ vermietet ein junges Kölner Unternehmen ein Haus in dem Burscheider Ortsteil an Geschäftsleute.
Der Blick ins Grüne beginnt gleich im Haus. Durch die Glasfront sehen die Gäste, die heute angereist sind, einen alten Obstgarten, in dem das Gras vom Winter gezeichnet ist, dahinter Wiesen und die Landstraße K2.
Es könnte einsam wirken, wäre nicht gerade so viel los im Haus. Auf Socken begrüßt mich Matthias (Lenssen). Er möchte mit 37 zwar kein „Jungunternehmer“ mehr sein, aber er führt zusammen mit Laura Rumich (32) ein junges Unternehmen und das Haus in der Außenortschaft ist Kern des Geschäfts. Die beiden haben heute zu einem offenen Treffen eingeladen, frei nach dem Motto „Bring your Challenge“ sind junge Unternehmer gekommen, um ihre Projektideen auszutauschen. Jetzt stehen sie an einem hohen Tisch und sprechen über Konzepte, Kunden und Ideen. Auf einer Mauer hat die Gruppe mit buntem Klebeband Sprüche aufgeklebt. Ein weißes Brett lehnt vollgekritzelt schräg an der Wand und auf dem Boden liegen Legosteine. „Jetzt gerade“ passiert dabei das, was Matthias und Laura sich wünschen: Zwei Teilnehmer sprechen über eine mögliche Kooperation. Wir stören nicht weiter. Doch klar ist, sie kannten sich bis heute morgen nicht.
Das Holzhaus in Berringhausen ist Teil des „Freio-Dorf“, einem Ensemble, das Architekt Gabor Schneider entworfen hat. Laura gefiel es auf Anhieb, erzählt Matthias: „Wir haben beim Backgammon einen Wetteinsatz gehabt.“ Als Teil des Spiels sollte Laura nach Immobilien auf dem Land suchen, sagt Matthias: „Dieses hier war der zweite Treffer und es gefiel uns so gut, dass wir es gemietet haben.“
Er, Innovationscoach, hat in den vergangenen vier Jahren ein Innovationsunternehmen aufgebaut und nach eigenen Angaben große Unternehmen beraten. Sie, Expertin für Markenentwicklung konzentriert sich auf Team- und Communitybuilding. Laura nennt ein Beispiel für das, was sie macht: „Wenn etwa ein Handelsunternehmen verschiedene Produktlinien im Sortiment hat, dann braucht es eine gemeinsame Identität. Ich helfe dabei, sie zu finden.“ Beide wohnen nicht hier. Zwar gibt es ein Schlafzimmer – bald sollen noch mehr Schlafmöglichkeiten und eine Werkstatt entstehen, doch das Haus ist als Geschäftsobjekt gedacht. Das „Tollhaus“ kann man mieten. Der Preis laut Internetseite liegt bei 500 Euro am Tag. Dazu bieten sie sich selbst als Berater an.
Als „Coworking Space“ dient der Raum an anderen Tagen. Dann kann jedermann mit seiner Büroarbeit herkommen, Tisch, Hocker und Kaffeemaschine nutzen und den Vorteil nutzen, sich untereinander auszutauschen. „Wir testen dabei ein „Pay-what-you-want-Modell“, sagt Matthias. Der Begriff aus dem Englischen heißt auf Deutsch so viel, wie „Zahl, was du möchtest!“ und steht – so zeigt es die Erfahrung von Matthias – keineswegs fürs Zechprellen. Vielmehr sei es so, dass ein Student weniger für den Aufenthalt zahlt, als ein Handelsvertreter. Warum Lenssen und Rumich sich für Burscheid entschieden haben und nicht für Köln, erklärt Matthias so: „Das Haus hier ist weit genug weg, um raus zu kommen, aber auch nah genug dran, um schnell hier zu sein.“
Einer der Teilnehmer ist Fabian Siefert. Der 27-Jährige hat drei Stunden Anfahrt aus Hameln auf sich genommen. Er sagt: „Das hier ist ein tolles Format. Man sitzt abends noch beisammen und arbeitet nicht in sterilen Konferenzraum.“