Eine Gesamtschule ist der Wunsch
Aber die Stadt allein kann die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllen. Drei mögliche Kooperationen stehen auf dem Prüfstand.
Burscheid. Wenn man über die Entwicklung der Burscheider Schullandschaft diskutieren will, muss mindestens eine Lösung auch machbar sein. Das ist aber aufgrund der Gesetzeslage derzeit zumindest für die Stadt allein nicht der Fall.
Darum haben bisher alle trotz des wachsenden Dramas um die immer stärker ins Abseits rutschende Hauptschule geschwiegen: Rat wie Verwaltung. Seit Dienstag ist das anders. Und jetzt ist auch klar benannt, was allen Beteiligten die liebste Lösung wäre: eine Gesamtschule mit der evangelischen Landeskirche als Partner.
Aber Burscheid ist eigentlich kaum in der Lage, Wünsche zu äußern. Dafür ist das Korsett der Möglichkeiten für eine kleine Stadt mit diesen örtlichen Voraussetzungen zu eng geschnürt.
Denn neben der Kooperation mit der Kirche gibt es nach einem zweieinhalbjährigen Prüfungsprozess überhaupt nur noch zwei denkbare Alternativen: eine Sekundarschule gemeinsam mit Wermelskirchen oder eine Gesamtschule gemeinsam mit Leverkusen. Beide Nachbarstädte haben immerhin die Prüfung einer möglichen Kooperation zugesagt.
Mit der Landeskirche war sogar eigentlich schon eine Lösung gefunden worden, wie Bürgermeister Stefan Caplan am Dienstag bestätigte — im Beisein von schulpolitischen Vertretern aller Ratsfraktionen, was den völligen Konsens bei diesem Thema demonstrieren sollte. Aber dann kam das vorläufige Ende der Gespräche mit dem Landeskirchenamt, weil die Landessynode zunächst im Januar 2014 über ein gesamtkirchliches Sparpaket beschließen wird.
Soll ein neuer Schultyp noch zum Schuljahr 2014/15 eingeführt werden, müsste der Antrag aber bereits in diesem Herbst gestellt werden. Andernfalls ist der Zug für 2014 abgefahren. „Wir sind sehr froh, dass die Gespräche mit der Landeskirche wieder aufgenommen wurden“, sagt Bürgermeister Caplan. Auf jeden Fall wolle man auf jeden möglichen Zeitpunkt gut vorbereitet sein.
Aber erst wenn Lösungsmöglichkeiten vorliegen, wird es auch eine Elternbefragung geben. Vorher mache das keinen Sinn, so der Tenor der Pressekonferenz am Dienstag. Denn so lange es mit der Evangelischen Realschule eine Ersatzschule vor Ort gibt, hat die Stadt keine Chance, im Alleingang irgendein neues Angebot zu realisieren.
Das liegt an den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestschülerzahlen pro Jahrgang. Sie betragen bei einem Gymnasium 84 Schüler, bei Haupt- und Realschule 56 Schüler, bei einer Sekundarschule 75 Schüler und bei einer Gesamtschule 100 Schüler. Alle müssen dabei aus Burscheid kommen und sich auch tatsächlich für den neuen Schultyp angemeldet haben.
Dieses Jahr wechseln aber beispielsweise nur 165 Burscheider Grundschüler auf eine weiterführende Schule. 67 davon besuchen ab Sommer ein Gymnasium, 57 eine Realschule, 11 eine Hauptschule und 30 eine Gesamtschule. Tendenziell werden die Zahlen in den nächsten Jahren eher sinken als steigen. Da es zudem eine freie Schulwahl gibt, ist ein Burscheider Alleingang bei jeder denkbaren Schulform utopisch.
Und auch als Teilstandort wäre Burscheid rechtlich nur bei einer Sekundar- oder Gesamtschule möglich. Wobei der größere kommunale Partner wenig Beweggründe hat, Burscheid ins Boot zu nehmen, wenn die Schule auch so genehmigungsfähig wäre.
Bei einer Gesamtschule mit kirchlicher Beteiligung in Burscheid bestünde dagegen nicht nur die Chance, die bisherigen Haupt- und Realschüler in Burscheid zu halten, sondern auch eine Reihe der bisher auswärtig beschulten Gymnasiasten und Gesamtschüler zurückzugewinnen. Neben dem ausstehenden Grundsatz-Okay der Landeskirche liegt die Schwierigkeit hier eher in der völlig unterschiedlichen Organisation und Finanzierung von staatlichen und Ersatzschulen.
Den schlimmsten Fall, nach der Grundschule alle Schüler an die Nachbarkommunen zu verlieren, mag sich aber trotz aller Schwierigkeiten noch niemand ausmalen.