Eine melodische Verführung

Der Orchesterverein Hilgen und der mit 17 Jahren schon international preisgekrönte Cellist Manuel Lipstein begeisterten im Bergischen Löwen.

Burscheid.Zu einem außergewöhnlichen Konzert hatte der Orchesterverein Hilgen am Sonntagnachmittag nach Bergisch Gladbach eingeladen. Der „Bergische Löwe“ war trotz des strahlenden Frühlingswetters relativ gut besucht — das hervorragend motivierte Orchester hätte wesentlich mehr Besucher, vor allem auch aus Burscheid — verdient gehabt.

Die gekommen waren, erlebten Programmmusik vom Feinsten unter dem vielversprechenden Titel „Cello, Rom und Meer.“ Debussy ließ grüßen bei „Save The Sea“ von Frigyes Hidas. Der ungarische Komponist (1928-2007) schwelgt allerdings nicht wie sein französischer Komponistenkollege in „La Mer“ in das Meer preisenden Klangwelten; er sieht die Weltmeere in Gefahr. Da tönt es schon bedrohlich aus den tiefen Registern, und lediglich beim zweiten Satz „Song auf the Sea“ durfte es etwas romantisch werden. Das Orchester lebte die wechselnden Stimmungen intensiv aus; Timor Oliver Chadik inspirierte seine Musiker durch sein intensives und ausdruckstarkes Dirigat zu Hochleistungen.

Im Mittelpunkt des Konzertes stand das „Konzert für Violoncello und Blasorchester“ des exzentrischen Pianisten und Komponisten Friedrich Gulda (1930-2000), mit dem 17-jährigen Jungstar Manuel Lipstein als Solisten. Das Werk, das Elemente aus den verschiedensten musikalischen Gattungen vereint, fasziniert nicht nur durch diese oft überraschende Verknüpfung stilfremder Elemente, sondern vor allem durch die virtuose Behandlung des Cellos. Wie Manuel Lipstein sein Instrument aus allen Reserven in ungewohnte Klangkombinationen lockte — man hörte und staunte. In der solistischen „Cadenza“ gab er dem Cello was des Cello ist — samtene Weichheit und melodische Verführung. Da lauschten selbst die Orchestermitglieder fasziniert, um dann wieder höchst professionell in die Begleitung einzusteigen.

Für den brausenden Applaus bedankte sich Manuel Lipstein — wie könnte es anders sein — mit Johann Sebastian Bach. Zwei bekannte Werke von Ottorino Resphigi (1879-1936) rundeten das Konzert ab: eine sehr gelungene Kombination.

Da konnte der OVH in Tönen schwelgen und tat es nach Kräften — bis in einzelne Solopartien hinein. Besonders beeindruckend in den „Pini di Roma“ der zweite Satz mit seinen dunklen, schwermütigen Passagen und der strahlende, begeisternde Sonnenaufgang im letzten Satz. Mit „Feste Romane“ hat Resphigi römische Festszenen musikalisch geschildert: vom Circus Maximus mit dem Gebrüll wilder Tiere, über betende Pilgerzüge, bei denen sich aus dem schleppenden Gang der Pilger der österliche Gesang „Christ ist erstanden“ entwickelt, bis zu Jagdszenen und einer frenetischen Dreikönigsfeier. Da wurden die Hilgener selbst zu Römern — so sehr gab sich das Orchester in die italienische Lebensfreude. Ein berauschender Konzertnachmittag.