Eine Umbettung - Das Grab ist nicht die letzte Ruhestätte
Weil sie mit ihrem Ehemann beerdigt sein will, hat Hannelore Loosen notgedrungen eine Umbettung beantragt.
Burscheid. Vier Jahre hätte Hannelore Loosen noch Zeit zu sterben. Jedenfalls, wenn sie eine Umbettung ihres verstorbenen Ehemanns vermeiden und trotzdem mit ihm in einem Grab beerdigt sein wollte. Das ist die nüchterne Folge des Ratsbeschlusses vom Dezember, wonach der neue Friedhof bis 2037 geschlossen werden soll.
Nüchtern und rational sind auch die Gründe, mit denen Verwaltung und Rat die Schließung des Friedhofs im Hauruck-Verfahren innerhalb weniger Wochen unter Dach und Fach gebracht haben: zu wenig Bestattungen, zu große Flächen, zu hoher Kostenaufwand. Aber auf Fragen von Leben und Tod sind selten nüchterne Antworten die richtigen. Hannelore Loosen ist seit dem Schreiben der Stadt vom 6. Januar fassungslos.
2006 hat sie ihren Mann im Alter von 62 Jahren verloren — nach 43 Ehejahren. Sie entschied sich für eines der Kammergräber auf dem neuen Friedhof. Dort können zwei Särge übereinander bestattet werden. „Das wurde damals angepriesen, weil man nicht so viel Grabfläche zu pflegen hat.“ 15 Jahre beträgt das Nutzungsrecht.
Laut Schreiben der Stadt sind auf dem Flurstück, das auch das Grab Loosen betrifft, Bestattungen aber nur noch bis Oktober 2016 möglich, damit das 15-jährige Nutzungsrecht nicht über den Oktober 2031 hinausreicht. Noch maximal vier Jahre zu leben — darauf zu spekulieren, ist der 64-Jährigen aber dann doch zu zynisch. Also hat sie schweren Herzens am Dienstag den Antrag auf Umbettung unterschrieben.
Das ist keine Frage des Geldes: Die Stadt übernimmt alle Kosten. „Aber trotzdem ist das für mich pietätlos“, sagt Hannelore Loosen und kämpft dabei mit den Tränen. Angehörige dürften bei der Umbettung nicht dabei sein, hat man ihr im Rathaus erklärt. Wahrscheinlich aus gutem Grund: Keiner kann sagen, in welchem Zustand der Sarg nach sechs Jahren ist. Sollte er beschädigt sein, wird auch er auf Kosten der Stadt ersetzt. Die Umbettung erfolgt abends, wenn der Friedhof geschlossen ist. Doch schon die Vorstellung reicht. „Das ist wie eine zweite Beerdigung für mich.“
Deshalb auf eine gemeinsame Grabstelle mit dem Mann zu verzichten, den sie 43 Jahre an ihrer Seite hatte, ist für Hannelore Loosen aber noch unvorstellbarer — ein Wechselbad der Gefühle. „Die Umbettung wühlt alles wieder auf.“