Er büffelte mit Willy Brandt
Hans Dreyer feierte am Mittwoch in Witzhelden seinen 101. Geburtstag. Er blickt auf ein bewegtes Leben zurück.
Witzhelden. Ein Gläschen Rotwein und eine Zigarre gönnt sich Hans Dreyer abends gerne. Ansonsten habe er von Jugend an vernünftig gelebt. Wie auch immer: Der Mann, der am Mittwoch seinen 101. Geburtstag feierte, könnte glatt für 20 bis 30 Jahre jünger durchgehen.
Dreyer zog nach dem Tod seiner Frau vor zehn Jahren von Erlangen nach Witzhelden in die Nähe seiner Tochter. Geboren wurde er in Hagenow in Mecklenburg. In Lübeck besuchte er das Traditionsgymnasium Johanneum. Unvergessen bleibt ihm die Schulzeit auch durch einen prominenten Klassenkameraden.
Hans Dreyer büffelte Seite an Seite mit Willy Brandt, der damals noch Herbert Frahm hieß. „Wir waren beide aktiv in Jugendbewegungen“, erinnert sich Dreyer — Brandt bei den Jungen Falken, er „auf der anderen Seite“ bei der bündischen Jugendbewegung.
Was sie auch verband: Die Schüler waren die einzigen, die in der Oberstufe noch kurze Hosen trugen. Die Mitschüler kamen „streng hanseatisch“ in Schlips und Kragen zur Schule. „Ich habe mein Abitur mit Auszeichnung bestanden, Brandt nicht“, erinnert sich Dreyer mit einem Schmunzeln. „Dafür ist er später viel bekannter geworden.“
Nach der Schule verloren sich die beiden aus den Augen. Im vergangenen Frühjahr wurden die Erinnerungen an früher wieder wach. Hans Dreyer zählte bei der Eröffnung des Willy-Brandt-Forums in Unkel am Rhein zu den geladenen Gästen.
In seiner Berufszeit arbeitete Dreyer als Biologe in der pharmazeutischen Industrie und bereiste als Tierfilmer die halbe Welt. Seine Aufnahmen wurden regelmäßig im Fernsehen ausgestrahlt. Studenten haben sich von Dreyer fachkundig durch die Serengeti führen lassen. Noch heute schmücken Tierfotografien, die er aufgenommen hat, die Wände der kleinen Souterrain-Wohnung an der Hauptstraße.
Und Tiere wollte er auch an seinem Geburtstag am Mittwoch sehen. Am Nachmittag — nach dem Besuch von Bürgermeister Ernst Müller und Landrat Rolf Menzel — ging es in den Kölner Zoo. „Den 100. Geburtstag habe ich mit 70 Gästen gefeiert“, erzählt der dreifache Vater, sechsfache Opa und vierfache Uropa. „Da kann es dieses Mal etwas ruhiger zugehen.“